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die bank 02 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG Die MiFIR2

REGULIERUNG Die MiFIR2 sieht generell strengere Pflichten für SIs vor. SIs sollen nicht mehr frei über die Größe der von ihnen angebotenen Aktieninstrumente entscheiden können. Sie sollen verpflichtet werden, verbindliche Quotes abzugeben, wenn sie Ordervolumen bis zur doppelten Standardmarktgröße handeln. Wie auch Handelsplätze sollen SIs künftig Aufträge nicht mehr zu einem Mittelwert unter dem Doppelten der Standardmarktgröße vermitteln. Schließlich sollen die Meldeformate und die Meldepflichten von SI-Geschäften nun an die für Handelsplätze angepasst werden. Daneben soll die Verpflichtung zur Veröffentlichung regelmäßiger Berichte über die bestmögliche Ausführung durch Handelsplätze und SIs dauerhaft abgeschafft werden (RTS 27). Derzeit ist die Meldepflicht durch die MiFID Quick-Fix Richtlinie (2021/338) für zwei Jahre aufgehoben. Weitere Änderungen betreffen u. a. die Derivatives Trading Obligation, die hinsichtlich des Anwendungsbereichs und der Aussetzungsmöglichkeiten an die Derivative Clearing Obligation unter EMIR angeglichen wird. Die Share Trading Obligation (STO) wird auf EU-ISINs beschränkt, und zudem soll eine neue Liste mit allen Wertpapierderivaten veröffentlicht werden, die unter die STO fallen. Daneben entfällt die „Open Access“-Verpflichtung für ETFs. Im Rahmen des Koalitionsvertrags hat sich die Ampelregierung darauf verständigt, bei der Überarbeitung von MiFID/MiFIR die Markttransparenz zu stärken, um der Fragmentierung des europäischen Wertpapierhandels entgegenzuwirken. Postpandemic Auch im Jahr 2022 werden Institute weiterhin mit den Pandemiefolgen konfrontiert werden. Unter dem Stichwort „Bankenunion“ wurden bereits pandemiebedingte Verschiebungen von Umsetzungsfristen ab dem 1. Januar 2023 (wie beim Output Floor) genannt, die die Pandemiefolgen auf dem Finanzmarkt abmildern sollen. Hintergrund ist nach wie vor, dass vorübergehende abmildernde Maßnahmen die geplante Verschärfung von Eigenkapitalvorschriften verhindern können, um die Kreditvergabe in der Realwirtschaft nicht zu beschränken. Mit dem Ziel, einer Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für das Marktrisiko entgegenzuwirken, wurden noch bis Ende 2021 auftretende Überschreitungen wegen außergewöhnlicher pandemiebedingter Ereignisse in den internen Modellen für das Marktrisiko ausgenommen (Art. 500b CRR). Gleichfalls war die Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz (WStFG) bis Ende letzten Jahres befristet, sodass seit dem 1. Januar 2022 den Unternehmen keine Stabilisierungsmaßnahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds mehr hätten gewährt werden dürfen. Die Verlängerung des befristeten Rahmens wurde allerdings zwischenzeitlich mit Beschluss der Kommission vom 18. November 2021 und einem entsprechenden WStFG-Änderungsgesetz, das am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist, bis zum 30. Juni 2022 verlängert. Der CRR Quick Fix (2020/873) hatte zudem über eine Änderung von Artikel 429a Abs. 1(n) CRR dazu geführt, dass gewisse Risikopositionen gegenüber den Zentralbanken in bestimmten Fällen – temporär bis Ende März 2022 – nicht bei der Berechnung der Leverage Ratio Berücksichtigung finden. Schwarmfinanzierung – ECSP-Verordnung Mit der am 10. November 2021 in Kraft getretenen Verordnung (2020/1503) über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen (ECSP-VO) sind Crowdfunding-Businessmodelle erstmals einem Regulierungsregime unterworfen worden. Die in der Verordnung enthaltenen Gestaltungsspielräume hat der Bundesgesetzgeber durch das „Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz“ umgesetzt, dessen Regelungen teilweise bereits seit Mitte bzw. Ende 2021 in Kraft sind, teilweise erst seit Beginn dieses Jahres bzw. im Lauf dieses Jahres Wirksamkeit erlangen sollen. Die ECSP-VO erfasst in erster Linie die als Intermediär zwischen Projektträgern und Anlegern fungierenden Schwarmfinanzierungsdienstleister und macht sie u. a. zum Adressaten anlegerschutz- und aufsichtsrechtlicher Vorgaben. Von besonderem Interesse im vorliegenden Kontext ist die in Art. 3 und 12 ECSP-VO vorgesehene Zulassungspflicht für Schwarmfinanzierungsdienstleister, die gemäß § 32b Abs. 1 WpHG bei der BaFin beantragt werden muss. Für die grenzüberschreitende Erbringung von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen bedarf es einer entsprechenden Anzeige bei der für die Erteilung der Zulassung zuständigen nationalen Behörde. Diese übermittelt die Anzeige an die im Herkunftsstaat zuständige Behörde sowie an die ESMA. Eine erneute Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen findet nicht mehr statt. Zu beachten ist, dass die Reichweite der Zulassung nicht das Einlagengeschäft umfasst. Damit ist eine zusätzliche Zulassung als Kreditinstitut erforderlich, wenn der Schwarmfinanzierungsdienstleister Gelder der Anleger entgegenzunehmen beabsichtigt. Entsprechendes gilt für die Abwicklung von Zahlungsdiensten, für die eine zusätzliche Lizenz als Zahlungsinstitut beantragt werden muss. Durch die ECSP-VO wird ferner ausdrücklich klargestellt, dass Anleger und Projektträger nicht von der Erlaubnispflicht erfasst sind, wodurch die bislang im Rahmen von Crowd-Lending-Aktivitäten bestehenden rechtlichen Unsicherheiten – jedenfalls im Anwendungsbereich der ECSP-VO – beseitigt werden. 42 02 | 2022

REGULIERUNG Zahlungsverkehr Im Rahmen des Digital-Finance-Pakets hat die Kommission bereits im September 2020 die Retail-Payment-Strategie bekannt gegeben. Deren Ziel ist die Etablierung eines EU-weiten Massenzahlungssystems, die Steigerung der Sicherheit, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit von Zahlungsdiensten sowie die Vereinfachung von Zahlungslösungen im E-Commerce und am Point of Sale. Die Entwicklung und Umsetzung der neuen Strategie wurde im letzten Jahr vorangetrieben und wird den europäischen Gesetzgeber auch dieses Jahr beschäftigen. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der Strategie waren die im März 2021 angenommenen Schlussfolgerungen des Rats. Hiernach begrüßt der Rat die Ziele der Strategie sowie die hierauf basierenden Pläne der Kommission uneingeschränkt und ermöglicht es der Kommission damit, ihr Vorhaben voranzubringen und Legislativvorschläge vorzulegen. Auch nach der ebenfalls im März 2021 abgegebenen Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses wird das Vorhaben der Kommission im Großen und Ganzen befürwortet. Die Strategie stützt sich auf vier Säulen, nämlich (i) die Einführung zunehmend digitaler Lösungen und Sofortzahlungen mit europaweiter Reichweite, (ii) die Schaffung innovativer und wettbewerbsfähiger Märkte für Massenzahlungen, (iii) die Einführung interoperabler Massenzahlungssysteme und anderer unterstützender Infrastrukturen sowie (iv) ein effizienter nationaler Zahlungsverkehr, einschließlich Finanztransfer. Das ursprünglich bereits zum Ende 2021 angekündigte Ziel, das SEPA Credit Instant Scheme flächendeckend als einheitliches Zahlungssystem zu etablieren, wird 2022 weiterverfolgt werden. Die geplante Gesetzesinitiative hierzu befindet sich allerdings noch in der Vorbereitungsphase. Zwischen März und Juni 2021 hat die Kommission zum Thema Sofortzahlungen eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Der Legislativvorschlag der Kommission zu Sofortzahlungen wird im zweiten Quartal 2022 erwartet. Die Zusammenarbeit der Kommission mit der EZB im Hinblick auf die Schaffung von digitalem Zentralbankgeld ist im letzten Jahr weitergeführt worden. Im Juli 2021 hat die EZB ein Projekt zur Einführung des digitalen Euros aufgesetzt. Seit Oktober 2021 läuft eine auf zwei Jahre angelegte Phase, in der über die konkrete Ausgestaltung eines digitalen Euros beraten wird. Eine endgültige Entscheidung darüber, ob der digitale Euro tatsächlich eingeführt wird, ist erst im letzten Quartal 2023 zu erwarten. Im Rahmen der zweiten Säule der Strategie – Schaffung wettbewerbsfähiger Märkte für Massenzahlungen – hat die Kommission eine Überprüfung der Anwendung und Auswirkungen der PSD2 angekündigt, insbesondere im Hinblick auf die Überwachung der Umsetzung der starken Kundenauthentifizierung, der Regelungen zum Open Banking, der Einhaltung gesetzlicher Höchstbeträge für kontaktlose Zahlungen, der Wettbewerbsbedingungen für neue und bestehende Player und die Regulierung von Zahlungen mit Kryptowerten. Hierzu hat sie im Oktober 2021 die EBA um eine Stellungnahme zu einer Reihe von Themen im Zusammenhang mit der Anwendung und den Auswirkungen der PSD2 ersucht. Die Stellungnahme der EBA wird Ende Juni 2022 erwartet und soll als Grundlage für einen Legislativvorschlag für einen neuen Rahmen eines „Offenen Finanzwesens“ (Open Finance) dienen. Um allen Akteuren einen fairen, offenen und transparenten Zugang zu Zahlungssystemen zu gewährleisten, erwägt die Kommission im Rahmen der dritten Säule im Sinne einer Wettbewerbsförderung weiterhin, den Anwendungsbereich der Finalitätsrichtlinie (98/26) auf E-Geld-Institute auszuweiten und den Erlass von Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines Rechts auf Zugang zu notwendigen technischen Infrastrukturen unter fairen Bedingungen. Zudem sollen Sofortzahlungen auch im internationalen Zahlungsverkehr eingeführt werden. Autoren Dr. Alexander Glos ist Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Frankfurt und berät Banken, Finanzdienstleister und andere Unternehmen in allen Bereichen des Bankaufsichts- und Kapitalmarktrechts. Alicia Hildner ist Principal Associate in der gleichen Kanzlei. Die Schwerpunkte ihrer Beratungstätigkeit umfassen u. a. MiFID II, Zahlungsdienste und das Geldwäscherecht. Dr. Carolin Kühne ist als Senior Knowledge Lawyer der Kanzlei schwerpunktmäßig im Bank- und Finanzrecht tätig. Die Autoren bedanken sich bei Rechtsreferendarin Laura Herbst für ihre wertvolle Mitarbeit. 02 | 2022 43

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