REGULIERUNG Maßgabe von DORA einer Meldepflicht unterliegen, unabhängig davon, ob sie IKT-bezogen sind oder nicht. Neben weiteren Anforderungen an Auslagerungsverträge mit IKT-Anbietern in Drittstaaten hat das Parlament zudem zahlreiche Änderungen am Aufsichtsregime für IKT-Anbieter vorgeschlagen. Unter anderem soll neben der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde (Lead Overseer) ein gemeinsames Aufsichtsgremium (Joint Oversight Body) errichtet werden, das sich aus den zuständigen nationalen Behörden zusammensetzt. Daneben ist zu erwähnen, dass IKT-Anbieter aus Drittstaaten weiterhin eine Tochtergesellschaft in der EU gründen müssen, damit Finanzunternehmen ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, wodurch sichergestellt werden soll, dass die zuständigen Behörden ihre Aufsichtspflichten und Durchsetzungsbefugnisse effektiv ausüben können. Das Parlament will jedoch klarstellen, dass die Dienstleistungen als solche an die IKT- Anbieter im Ausland delegiert werden können und diese nicht von der Tochtergesellschaft selbst erbracht werden müssen. MiCA Eine andere bedeutende Gesetzesinitiative, die von der Kommission im September 2020 i. R. d. Digital-Finance-Strategie vorgestellt wurde, ist der Verordnungsentwurf zur Regulierung von Kryptowerten (Regulation on Markets in Crypto Assets, MiCA). Mit MiCA schlägt die Kommission einheitliche Rahmenbedingungen für in der EU ansässige Emittenten von Kryptowerten und Krypto-Dienstleistungserbringer für die Zulassung im EU-Binnenmarkt vor. Nachdem der Rat am 24. November 2021 seinen Standpunkt zu den Vorschlägen über Kryptowerte und die Betriebsstabilität digitaler Systeme festgelegt hat, befindet sich MiCA derzeit in den Trilog- Verhandlungen. Ein Inkrafttreten wird Ende 2022 erwartet. MiCA soll die bestehende Regulierung ergänzen und nimmt daher solche Kryptowerte aus dem Anwendungsbereich heraus, die bereits anderweitig reguliert sind (bspw. Finanzinstrumente i. S. d. MIFID2). Überdies unterscheidet MiCA zwischen E-Geld-Token, wertreferenzierten Token (Staiblecoins) und Utility Token, für die jeweils unterschiedlich strenge Regelungen gelten sollen. Die Verordnung zielt auf die Schaffung einheitlicher Transparenz- und Offenlegungspflichten ab. Im Mittelpunkt steht hierbei die Pflicht zur Veröffentlichung eines Informationspapiers. Dieses sog. White Paper soll von der zuständigen Behörde notifiziert werden und dazu berechtigen, Kryptowerte in der EU öffentlich anzubieten oder eine Zulassung zum Handel mit diesen auf einer Handelsplattform zu beantragen. Außerdem sind Regelungen für die Zulassung und Überwachung insbesondere von Emittenten von E-Geld-Token und Staiblecoins vorgesehen sowie Verbraucherschutzvorschriften und Maßnahmen zur Verhinderung von Marktmissbrauch. Der Vorschlag des Rats vom 24. November 2021 sieht zahlreiche inhaltliche Änderungen zum Kommissionsentwurf vor, deren praktische Auswirkungen unterschiedlich sind. Bemerkenswert ist beispielsweise, dass der Rat die Voraussetzungen verschärft, unter denen als Emittenten von Stablecoins oder als Anbieter von Krypto-Dienstleistungen fungierende Kreditinstitute vom Erfordernis der Zulassung befreit sind. Nach dem Kommissionsvorschlag genügt es hierfür, dass der Emittent bzw. der Anbieter gemäß den nationalen Umsetzungsvorschriften zur CRD4 als Kreditinstitut zugelassen ist. Der Rat fordert zusätzlich die rechtzeitige Anzeige bei der zuständigen Behörde sowie die Mitteilung gewisser Informationen, bspw. über das beabsichtigte Geschäftsmodell oder die Art der angebotenen Token bzw. Krypto-Dienstleistungen. Nach dem Vorschlag des Rats sollen zudem solche Krypto-Vermögenswerte, die „einmalig und nicht mit anderen Krypto-Vermögenswerten fungibel“ sind, vollständig aus dem Anwendungsbereich der Verordnung herausgenommen werden. Ansonsten enthält der Vorschlag zahlreiche Präzisierungen, z. B. in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen, die an das White Paper zu stellen sind. Schließlich schlägt der Rat die Erweiterung des Zeitraums für den Geltungsbeginn der Verordnung von ursprünglich 18 auf 24 Monate vor. 38 02 | 2022
REGULIERUNG ESG – Sustainable Finance Taxonomieverordnung Seit dem 1. Januar 2022 ist die Taxonomieverordnung (2020/852) bzgl. der ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) bzw. ab dem 1. Januar 2023 bzgl. der weiteren Umweltziele (Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie den Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme) anwendbar. Sie enthält ein Klassifizierungssystem zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition zu ermitteln und nachhaltige Investitionen erleichtern zu können. Die Taxonomieverordnung ergänzt die seit dem 1. Januar 2022 vollst. geltende Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (2019/2088) (SFDR). Die SFDR umfasst dabei nachhaltigkeitsbezogene Informationsanforderungen, während die Taxonomieverordnung die sechs Umweltziele für nachhaltige Finanzierungen festlegt und mit der SFDR verzahnt. Um Kohärenz zwischen der Taxonomieverordnung und der SFDR herzustellen, hat die EBA technische Regulierungsstandards (RTS) veröffentlicht, die die Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Grundsatz zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen der Umwelt und sozialer Belange festlegen. So orientieren sich die in den RTS genannten „Do-No-Significant-Harm”-Kriterien (DNSH) an der Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der sechs Umweltziele der Taxonomieverordnung. Die RTS sollten ursprünglich ab dem 1. Juli 2022 gelten, ihre Anwendung wurde jedoch auf den 1. Januar 2023 verschoben. Am 10. Dezember 2021 wurde daneben die Delegierte Verordnung (2021/2178) zur Ergänzung der Taxonomieverordnung veröffentlicht, die die Darstellung der Informationen regelt, die Kreditinstitute, Wertpapierinstitute, Vermögensverwalter, Nicht-Finanzunternehmen sowie Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen zu ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten offenlegen müssen. Zur Offenlegung sind Meldebögen zu verwenden sowie bestimmte Leistungsindikatoren (Key Performance Indikatoren, KPIs). Die Offenlegungspflichten werden schrittweise ab dem 1. Januar 2022 eingeführt: Nach Art. 8 SFDR i.V.m. Art. 6 Taxonomieverordnung gelten seitdem vorvertragliche Informationspflichten bei der Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale sowie Informationspflichten bei nachhaltigen Investitionen (Art. 9 SFDR i.V.m. Art. 5 Taxonomieverordnung), so jedenfalls für die taxonomiebezogenen Informationen der ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel). Erst ab dem 1. Januar 2023 gelten die Offenlegungspflichten bzgl. der weiteren Umweltziele. Am 9. Dezember 2021 wurde darüber hinaus die Delegierte Verordnung (2021/2139) veröffentlicht, die seit dem 1. Januar 2022 gilt. Sie sieht Bewertungskriterien vor, die regeln, wann eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet und ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet. Anfang 2022 hat die Kommission die umstrittene Entscheidung gefällt, die nukleare Energiegewinnung unter bestimmten Voraussetzungen als nachhaltig einzustufen. Im Januar 2022 hat sie mit der Konsultation eines Delegierten Rechtsakts (Taxonomy Complementary Delegated Act) begonnen, der bestimmte Aktivitäten im Zusammenhang mit der Gas- und Atomenergie umfasst sowie die Delegierte Verordnung 2021/2139 und die Delegierte Verordnung 2021/2178 abändert. Renewed Sustainable Finance Strategy Dass die ESG-Themen im Fokus der Kommission stehen, zeigt sich weiter in ihren Plänen für 2022 und die Folgejahre, die durch die Renewed Sustainable Finance Strategy konkretisiert werden. Danach will die Kommission im ersten Halbjahr 2022 einen weiteren delegierten Rechtsakt zur Taxonomie annehmen, der die zusätzlichen vier Umweltziele (Wasser, biologische Vielfalt, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Kreislaufwirtschaft) einbezieht. Weiter zu erwartende ESG-Regulierung der EU: Im Rahmen der Prospektverordnung (2017/1129) plant die Kommission für das Jahr 2022 weitere Offenlegungen in Prospekten für grüne, soziale und nachhaltige Wertpapiere einzuführen, um die Harmonisierung der für solche Instrumente bereitgestellten Informationen zu verbessern und einen Beitrag zur Bekämpfung von Greenwashing zu leisten. Auch beabsichtigt die Kommission, für Kleinanleger sowie kleine und mittlere Unternehmen den Zugang zu nachhaltigen Finanzierungsmöglichkeiten zu erleichtern und bis zum 2. Quartal 2022 die EBA zu ersuchen, eine Stellungnahme zur möglichen Unterstützung von Instrumenten für grüne Privatkundenkredite und grüne Hypotheken abzugeben. Die Kommission erwartet von der ESMA, sie bis spätestens zum 2. Quartal 2022 darüber zu informieren, wie die Ratingagenturen ESG- Faktoren in ihren Methoden berücksichtigen werden. Ziel der Kommission ist es, bis zum 1. Quartal 2023 etwa zur Erfassung von ESG-Risiken in Kredit-Ratings tätig zu werden. Um den Weg in Richtung Nachhaltigkeit weiter zu ebnen, soll unter anderem die Green Asset Ratio (GAR) helfen, die die Institute in ihrem Jahresabschluss ab 2022 ausweisen müssen. Die GAR soll dabei die Finanzierung von Geschäftsfeldern fördern, die im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen stehen, und stellt einen der oben genannten KPI-Leistungsindikatoren dar. 02 | 2022 39
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