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die bank 02 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG 1 |

REGULIERUNG 1 | Bilanzsummen der 17 Landesförderbanken in Mrd. € 2016 40,0 20,0 142,1 75,1 24,0 22, 2,1 19,0 18,0 17,4 13,3 Banken von li nach re: » NRW.Bank: NRW.BANK » L-Bank: Staatsbank für Baden- Württemberg » BayernLabo: Bayerische Landesbodenkreditanstalt » LfA: Förderbank Bayern » IB-SH: Investitionsbank Schleswig- Holstein » IBB: Investitionsbank Berlin » WIBank: Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen » ILB: Investitionsbank des Landes Brandenburg » ISB: Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz » SAB: Sächsische Aufbaubank » IFB: Hamburgische Investitionsund Förderbank » TAB: Thüringer Aufbaubank » NBank: Investitions- und Förderbank Niedersachsen » IB-SA: Investitionsbank Sachsen-Anhalt » LFI-MV: Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern » SIKB: Saarländische Investitionskreditbank » BAB: Bremer Aufbau-Bank 0,0 NRW.Bank L-Bank BayernLabo LfA IB-SH IBB WIBank ILB ISB SAB IFB TAB NBank IB-SA LFI-MV SIKB BAB 10,2 7,6 5,0 4,0 3,9 2,0 1,8 1,5 1,2 Quelle: kraften, für andere Förderbanken impliziert sie hingegen massive Einschränkungen für ihr Fördergeschäft, die sogar Eigenkapitalzuführungen aus Steuermitteln der betroffenen Bundesländer notwendig werden lassen können. Diese Zweiteilung ist auch auf europäischer Ebene zu beobachten, sodass die Leverage Ratio über bedeutenden Teilen des europäischen Fördergeschäfts wie ein Damoklesschwert schwebt. Frankreich hat dies früh erkannt und eine auf das französische Fördergeschäft (Livret A) maßgeschneiderte Ausnahmereglung bereits in Art. 429 (14) CRR fest verankert. Bankenabgabe und Aufsichtskosten Auch die Bankenabgabe an den Abwicklungsfonds trifft die Landesförderbanken unterschiedlich. Die Ausnahmeregelungen der Bankenabgabe für Förderbanken setzen die Erfüllung bestimmter Kriterien – u. a. staatliche Sicherungsmechanismen – voraus und sehen vor, dass Verbindlichkeiten, denen Förderkredite gegenüberstehen, nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Jedoch sind Wertpapierportfolien nicht privilegiert und bilden zusammen mit den Derivaten die wesentlichen Determinanten der Höhe der Bankenabgabe von Landesförderbanken. Die Spannbreite der veröffentlichten Bankenabgaben bewegte sich im Geschäftsjahr 2016 von null (Nicht-CRR-Institute) bis zu 16,7 Mio. €. Dazu kommen die direkten Kosten für die Bankenaufsicht durch die EZB, die für das Jahr 2017 auf insgesamt 425 Mio. € beziffert werden und zusätzlich zu den Kosten für die nationale Aufsicht auf die Kreditinstitute in Europa verteilt werden. Davon sind jedoch nicht nur die von der EZB direkt beaufsichtigten Landesförderbanken betroffen, sondern auch die nur mittelbar von der EZB – d. h. von den nationalen Behörden – beaufsichtigten Landesförderbanken werden an den Kosten beteiligt. Operative Kosten Die regulatorischen Kostenbelastungen durch gestiegene operative Aufwendungen betreffen insbesondere die IT- sowie die Personalkosten. Die Anforderungen an die Reportingstrukturen der Förderbanken sind nicht nur im Umfang, etwa durch neue Meldungen und Kennzahlen, sondern auch in Granularität, Konsistenz und Frequenz massiv gestiegen. Damit verbunden ist der Ausbau bestehender bzw. die Implementierung neuer, komplexer IT- Lösungen, etwa zentraler Datenschichten im Hinblick auf die Datenintegritätsanforderungen durch BCBS 239 bzw. der MaRisk. Die Evolution vom klassischen, formularbasierten Meldewesen zu granularen Datenwürfeln (z. B. AnaCredit) wird das Reporting weiter transformieren. Diese Entwicklungen verursachen einen Personalaufbau sowie den verstärkten Einsatz externer Berater, um die Projekt- und Linientätigkeiten bewältigen zu können. Dabei müssen auch Ressourcen für die Umsetzung von Regularien allokiert werden, deren Anwendung, etwa im Fall der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD), für Landesförderbanken mit ihren staatlichen Haftungsmechanismen schwer vorstellbar ist. CRD-Ausnahme allein reicht nicht Die Herausforderung für die Regulatorik besteht darin, eine Regelung zu schaffen, unter die sich die vielschichtigen Fördermodelle in Europa trennscharf subsumieren lassen, ohne dass es unter Risikoaspekten oder aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu Friktionen kommt. Dies wurde in der von der Europäischen Kommission am 23. November 2016 veröffentlichten Novellierung von CRD und CRR (im Folgenden CRD V-E bzw. CRR II-E) dahingehend geregelt, dass auf Basis von Kriterienkatalogen Ausnahmeregelungen sowohl vom An- 38 02 // 2018

REGULIERUNG wendungsbereich der CRD V-E als auch innerhalb der CRR II-E zur Leverage Ratio geschaffen wurden. Demnach können Förderbanken vom Geltungsbereich der CRD ausgenommen werden, sofern sie die aufgeführten Kriterien in Artikel 2 (5a) CRD V-E, u. a. eine explizite gesetzliche Grundlage, staatliche Sicherungsmechanismen und ein angemessenes nationales Aufsichtsregime, erfüllen. Doch die Ausnahme vom Anwendungsbereich der CRD allein ist keinesfalls geeignet, eine umfassende Lösung für den Schutz des deutschen und europäischen Fördergeschäfts zu erreichen. Dies ist nur in Verbindung mit einer Regelung zur Leverage Ratio innerhalb der CRR möglich, wie dies bereits in der CRR II-E – wenn auch unzureichend – umgesetzt wurde. So wäre die Frage einer notwendigen Kapitalisierung von Landesförderbanken mit Steuermitteln aufgrund der Leverage Ratio durch eine Ausnahme von der CRD keinesfalls gelöst, sondern lediglich auf den dann anzuwendenden, nationalen Regulierungsrahmen verlagert. Weiterhin muss in Europa und in Deutschland auch das Fördergeschäft, das innerhalb von Bankstrukturen abgewickelt wird, die der CRR unterliegen, von den Friktionen der Leverage Ratio geschützt werden. Dies betrifft zum einen das Durchleitungsgeschäft von Förderkrediten im Hausbankenverfahren. Entsprechend muss die vorgeschlagene Formulierung der Europäischen Kommission zur Befreiung des Durchleitungsgeschäfts von der Leverage Ratio in Artikel 429a (1)(e) CRR II-E, die eine Mehrfachbelastung vermeidet und damit die ökonomische Tragfähigkeit des Durchleitungsgeschäfts gewährleistet, beibehalten werden. Zum anderen darf das Fördergeschäft der CRR-regulierten Förderbanken in Europa, etwa der rechtlich unselbstständigen Landesförderbanken, nicht durch die Leverage Ratio belastet werden. Insofern ist es essenziell, dass eine Regelung in der CRR zur Leverage Ratio getroffen wird, die das Fördergeschäft insgesamt angemessen berücksichtigt und zudem als Maßstab für den nationalen Regulierungsrahmen dienen kann. Konkreter Änderungsbedarf Die Regelungen zur Leverage Ratio in der CRR II-E und der Bankenabgabe bilden zurzeit keinen konsistenten Regulierungsrahmen, vielmehr entsteht eine Parallelität mit divergierenden Begrifflichkeiten und Definitionen, obwohl Kapitaladäquanz und Abwicklungsfonds zusammen Grundpfeiler der europäischen Regulierungsarchitektur darstellen. Eine Ausgestaltung der Leverage Ratio in Anlehnung an die Bankenabgabe würde hingegen die Konsistenz erhöhen und zu einer adäquaten Berücksichtigung des spezifischen Risikoprofils (gesetzlicher Auftrag) sowie der Verlustabsorptionsfähigkeit (Gewährträgerhaftung) der Landesförderbanken führen. Um eine stärkere Konsistenz der Behandlung von Förderkrediten zur Bankenabgabe 2 zu erreichen, ist es erforderlich, den Kriterienkatalog in Artikel 429a CRR II-E an drei Punkten zu schärfen. Erstens ist eine klarstellende Formulierung in der CRR II in Übereinstimmung mit der Definition der Bankenabgabe durch Ergänzung von „or an entity of a credit institution“ in Artikel 429a (2) CRR II-E notwendig. Diese Formulierung reflektiert den Wortlaut „any undertaking or entity“ der Bankenabgabe und verdeutlicht die gemeinsame definitorische Basis für das Fördergeschäft. Zweitens führt die Formulierung zum Einlagengeschäft in Artikel 429a (2)(e) CRR II-E, die abweichend von den Regelungen zur Bankenabgabe sowohl in der CRD V-E als auch in der CRR II-E verwendet wird, bei enger Auslegung dazu, alle Ausnahmeregelungen für das Fördergeschäft aufzuheben. Dementsprechend ist entweder eine vollständige Streichung der Formulierung oder eine Fokussierung (auf Spareinlagen) notwendig. Drittens sollte die Formulierung in Artikel 429a (1)(d) CRR II-E zur Bemessungsgrundlage der Leverage Ratio auf „direct or indirect claims“ konkretisiert werden oder alternativ der in der Bankenabgabe verwendete Begriff „promotional loans“ die Formulierung ersetzen. FAZIT Bei den im Jahr 2018 beginnenden Verhandlungen in Brüssel wird sich entscheiden, ob die europäische Regulierung der großen volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Bedeutung des Fördergeschäfts umfassend gerecht wird. Dabei ist es wesentlich, dass eine Gleichbehandlung des Fördergeschäfts in Europa unabhängig von der Organisations- oder Rechtsform gewährleistet wird. Der prinzipienbasierte Ansatz der CRR ist der richtige Weg, kann aber nur gelingen, wenn die Kriterien für die Ausnahmeregelungen die heterogenen Förderstrukturen berücksichtigen und sich konsistent in den Regulierungsrahmen einfügen. Der in BCBS 239 manifestierte übergreifende Konsistenzanspruch sollte auch für die Regulatorik selbst stärker bestimmend sein und prädestiniert die bestehenden Regelungen zur europäischen Bankenabgabe als Leitbild für die Behandlung von Förderkrediten in der CRR. Autor Dr. Lars Walter ist Leiter Finanzen in der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen. Der Diplom-Kaufmann hat während seiner beruflichen Stationen in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einer deutschen Großbank einen Schwerpunkt auf Projekte und Analysen mit Bezug zu IFRS und Aufsichtsrecht gesetzt. 1 Die verwendeten Zahlenangaben basieren auf den Geschäfts- und Offenlegungsberichten der Landesförderbanken. 2 Vgl. Artikel 3 (27) - (29) sowie Artikel 5 (1)(f) der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2015/63. 02 // 2018 39

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