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die bank 02 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG NOVELLIERUNG

REGULIERUNG NOVELLIERUNG DER CRD / CRR Landesförderbanken und die „passende“ Regulierung Die risikoarmen Geschäftsmodelle von Landesförderbanken nehmen durch ihren gesetzlichen Förderauftrag und ihre staatlichen Haftungsmechanismen eine besondere Stellung in der Kreditwirtschaft ein. Gleichwohl erfolgte regulatorisch bisher keine ausreichende und konsistente Differenzierung, um das Fördergeschäft vor unverhältnismäßigen Belastungen zu schützen. Die Entwürfe zur Novellierung der CRD bzw. CRR adressieren diese Defizite, müssen aber noch punktuell geschärft werden. Was ist zu tun? Die siebzehn deutschen Landesförderbanken fungieren als ein Instrument der Bundesländer zur Umsetzung föderaler, nationaler und europäischer Fördermaßnahmen. Ihr Geschäftsmodell basiert auf einem durch Landesgesetz vorgegebenen Förderauftrag und umfasst Fördermaßnahmen im öffentlichen Interesse, insbesondere die Wirtschaftsförderung für kleine und mittlere Unternehmen, den sozialen Wohnungsbau sowie die Förderung von Infrastrukturinvestitionen. Diese Geschäftsfelder stehen auch im Zentrum der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Europäischen Kommission. Daher hat die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung „Gemeinsam für Beschäftigung und Wachstum“ an das Europäische Parlament und den Rat die Bedeutung von Förderbanken gewürdigt und den europäischen Mitgliedstaaten die Gründung einer Förderbank nahegelegt, sofern sie nicht bereits über eine verfügen. Darüber hinaus kommt den Landesförderbanken durch ihre antizyklische Geschäftspolitik in rezessiven Wirtschaftsphasen eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion zu. Dies zeigte sich auch in der Finanzmarktkrise, als die Landesförderbanken durch die Ausweitung ihrer Kreditvergabe, die sich in dem Anstieg der aggregierten Bilanzsummen von 325,7 Mrd. € auf 367,8 Mrd. € zwischen 2007 und 2011 widerspiegelt, eine stabilisierende Wirkung auf die Realwirtschaft entfalteten. 1 Risikoarmes Geschäftsmodell Doch die Landesförderbanken fungieren nicht nur als volkswirtschaftliche und ordnungspolitische Katalysatoren, sondern auch als Stabilisatoren innerhalb des Finanzsystems. Zentrales Unterscheidungskriterium zu anderen Kreditinstituten ist dabei die Gewährträgerhaftung der Bundesländer. Auch der Risikoappetit ist unterschiedlich ausgeprägt und spiegelt sich in einer durchschnittlichen RWA-Dichte (d. h. Risikoaktiva / Bilanzsumme) von 27 Prozent im Vergleich zu 31 Prozent bei den siebzehn von der EZB direkt beaufsichtigten deutschen Geschäftsbanken wider. Aufgrund der einheitlichen Verwendung des Kreditrisikostandardansatzes, bei dem normierte, vorgegebene Risikogewichte die Eigenkapitalanforderung bemessen, sind Landesförderbanken von dem Capital Floor, der die internen Risikomodelle zukünftig an ein Mindestniveau von 72,5 Prozent in Relation zum Kreditrisikostandardansatz koppelt, nicht betroffen. Der mit der Einführung des Capital Floor verbundene systematische Anstieg der Risikoaktiva wird sich daher nicht auf die Förderbanken auswirken und zu einer höheren Divergenz der RWA- Dichten beitragen. Heterogene Strukturen als europäisches Paradigma Neben diesen fundamentalen Gemeinsamkeiten ist der deutsche Landesförderbankensektor ein Paradigma für die vielgestaltige europäische Förderbankenlandschaft und wie diese durch heterogene Strukturen, u. a. in der rechtlichen Ausgestaltung, der zuständigen Aufsicht, der Geschäftstätigkeit und damit der Bilanzstrukturen sowie der Eigenkapitalausstattung geprägt. Dies kommt auch in der Spannbreite der Bilanzsummen von 1,2 Mrd. € bis 142,1 Mrd. € zum Ausdruck. ÿ 1 Die siebzehn Landesförderbanken unterteilen sich in dreizehn rechtlich selbstständige Landesförderbanken (zwei davon als Nicht- CRR-Institute) und vier rechtlich unselbstständige, in Landesbanken integrierte Förderbanken (drei davon als wirtschaftlich und organisatorisch selbstständige „Anstalten in der Anstalt“, AidA). Deshalb werden die rechtlich unselbstständigen Landesförderbanken sowie die zwei Landesförderbanken mit einer Bilanzsumme von über 30,0 Mrd. € direkt von der EZB, die anderen elf von der Bundesbank bzw. BaFin beaufsichtigt. Dabei können die rechtlich unselbstständigen Landesförderbanken die bestehenden Bankstrukturen einer Landesbank nutzen, während zugleich die Vermögenssphären im Einklang mit der Brüsseler Verständigung II vollständig separiert sind. 36 02 // 2018

REGULIERUNG Entsprechend bezieht sich die Gewährträgerhaftung der drei Bundesländer Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt ausschließlich auf die abgegrenzte Sphäre der Anstalt in der Anstalt. Divergierende Wertpapierbestände und Eigenkapitalquoten Den größten Posten in den aggregierten Bilanzen der Landesförderbanken im Jahr 2016 bilden die Forderungen an Kunden i. H. v. 162,5 Mrd. €, gefolgt von den Forderungen an Kreditinstitute i. H. v. 100,0 Mrd. €, die u. a. durch das im Hausbankenverfahren abgewickelte Durchleitungsgeschäft von Fördermitteln begründet werden. Die Schuldverschreibungen und anderen festverzinslichen Wertpapiere als drittgrößter Posten belaufen sich auf 78,4 Mrd. € und dienen der Generierung von Erträgen für die Förderung sowie als hochliquide Aktiva für die Erfüllung der Liquiditätsanforderungen der Liquidity Coverage Ratio (LCR). Im Nachgang zur Finanzmarktkrise ist der Anteil der Schuldverschreibungen und anderer festverzinslicher Wertpapiere zwischen 2007 und 2016 von 25,1 auf 21,3 Prozent der aggregierten Bilanzsummen gesunken, während die Forderungen an Kunden von 40,4 auf 44,1 Prozent stiegen. Dabei erstreckt sich die Spannbreite des Anteils der Schuldverschreibungen und anderen festverzinslichen Wertpapiere von null bis zu 30,0 Prozent der Bilanzsumme. Auch die bilanziellen Eigenkapitalquoten der Landesförderbanken (unter Einschluss des Fonds für allgemeine Bankrisiken nach § 340 g HGB) sind sehr unterschiedlich ausgeprägt und reichen bei den rechtlich selbstständigen Landesförderbanken von 2,5 bis 16,2 Prozent. Regulatorische Belastungen Aus den skizzierten heterogenen Strukturen ergibt sich auch eine unterschiedliche Betroffenheit der Landesförderbanken durch die Regulierung. Die wesentlichen, regulatorisch verursachten Belastungen bestehen dabei aus den höheren Eigenkapitalanforderungen, den direkten Kosten durch die Bankenabgabe und die Bankenaufsicht sowie den operativen Kosten. Hinzu kommen Friktionen durch regulatorische Unsicherheiten und die verstärkte, regulierungsbezogene Allokation von Managementkapazitäten. Regulatorische Belastungen in Form von Liquiditätskosten spielen aufgrund der Refinanzierungsmöglichkeiten der Gewährträgerhaftung eher eine geringere Rolle. Dagegen haben die qualitativen und quantitativen Verschärfungen der Eigenkapitalvorschriften durch Basel III bei den Landesförderbanken zu höheren, risikobasierten Eigenkapitalanforderungen geführt. Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass die risikobasierten Eigenkapitalanforderungen, wie die veröffentlichten Kernkapitalquoten mit einer Spannbreite von 14,9 bis 42,1 Prozent für das Jahr 2016 belegen, von den Landesförderbanken relativ gut verkraftet wurden. Damoklesschwert Leverage Ratio Ganz anders verhält es sich hingegen bei der Leverage Ratio, die im Vergleich zu den risikobasierten Eigenkapitalanforderungen zu einem signifikanten Anstieg der Kernkapitalanforderungen führt. Durch die Leverage Ratio wird eine Eigenkapitalunterlegung für Kredite eingeführt, die bisher nicht oder nur mit wenig Eigenkapital zu unterlegen waren, etwa für staatlich verbürgte Kreditengagements in der Wohnraum- oder Wirtschaftsförderung. Dies kann eine kreditverteuernde und/oder -begrenzende Wirkung auf das Förderkreditgeschäft entfalten. Bei einer verbindlichen Kernkapitalanforderung von 8,5 Prozent belaufen sich die risikogewichteten Kernkapitalanforderungen der Landesförderbanken insgesamt auf 8,3 Mrd. € verglichen mit 11,1 Mrd. € für die Leverage Ratio. Selbst ein hypothetisches Risikogewicht von 10 Prozent für staatliche Schuldner würde zu risikogewichteten Kernkapitalanforderungen von 9,9 Mrd. € führen, die unterhalb der Leverage Ratio liegen. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenkapitalausstattung der Landesförderbanken ist die Leverage Ratio für einen Teil gut zu ver- 02 // 2018 37

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