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die bank 02 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE AT THE

BERUF & KARRIERE AT THE TOP [ BIRGIT DIETL-BENZIN ] Die Optimistin Aus ihrem Büro im 39. Stock des UBS- Gebäudes geht der Blick hinunter auf die Alte Oper und die Lichter der Großstadt Frankfurt. Auch hier bewegen sich die Menschen derzeit nicht unbedingt in einem friedlichen Umfeld geopolitischer Stabilität und globalwirtschaftlicher Zuversicht. Die Lage erfordert Optimismus und Menschen, die an eine positive Entwicklung in der Zukunft glauben. Birgit Dietl-Benzin strahlt diese Zuversicht aus. Bereits wenige Minuten nach Beginn unseres Gesprächs ist zu erkennen, dass die „Bankerin mit Herz und Seele“ nicht nur optimistisch gestimmt ist, sondern auch generell ein Mensch mit ansteckend positiver Ausstrahlung ist. Die in Kleve geborene Bankerin, die als Vorstand der UBS Europe SE heute ihr erstes Interview gibt, strahlt selbstsicher. Seit Januar 2016 ist sie Vorstandsmitglied, zuvor hatte sie diverse Stabsrollen und operative Linienverantwortung wie z. B. für Finanzen und HR wahrgenommen. Nach dem Studium war sie für rund viereinhalb Jahre als Projektmanagerin in den Divisionen „Finance & Risk“ sowie „Corporate & Institutional Banking“ für die Unternehmensberatung Oliver Wyman tätig gewesen, inklusive Auslandseinsätzen in Südafrika und Großbritannien. Die Entscheidung für UBS sei ihr angesichts der hier gepflegten Kultur leicht gefallen. Denn bei den Schweizern handelt man nach einem bekannten Human-Resources- Motto: „Mitarbeiter werden gefordert – gleichzeitig aber auch gefördert.“ Der aktuelle Job von Birgit Dietl-Benzin bei der Bank mit eidgenössischen Wurzeln gilt bei Kennern als anspruchsvoll; immerhin hat man sie mit der Führung von sechs Teams » Schon in meinen frühen Schuljahren habe ich mich gerne mit Daten und Zahlen sowie mit Mathematik beschäftigt. « der Fachbereiche Risk Control, Credit Risk Control, Outsourcing, Compliance & Operational Risk Control sowie Finance and Regulatory Reporting betraut. Wirksame Risikokontrolle innerhalb einer Bank bedarf eines starken Gefühls für und eines gekonnten Umgangs mit Fakten und Ziffern. „Schon in meinen frühen Schuljahren habe ich mich gerne mit Daten und Zahlen sowie mit Mathematik beschäftigt“, nimmt sie durch eine rasche Antwort eine entsprechende Frage vorweg. Die Begeisterung für Zahlen- und Datenwerke war dann auch der Auslöser für ihre Karriere im Banking. Von August 1993 bis Januar 1996 hat sie in ihrer niederrheinischen Heimatstadt eine Banklehre bei der Deutschen Bank AG absolviert. Ihre besonderen Fähigkeiten wurden sehr rasch erkannt. Danach schloss sie ein Studium zur Diplom- Wirtschaftsingenieurin an der Universität Karlsruhe ab, wo sie ihre Diplomarbeit mit Auszeichnung ablegte und dafür einen Fakultätspreis verliehen bekam. Birgit Dietl-Benzin hat also offensichtlich bereits lange vor dem aktuellen Zeitalter der Digitalisierung und der Ära von Big Data diese Herausforderungen erkannt. Die ehemalige Basketball-Spielerin weiß, dass es gerade im Banking gilt, unvorhersehbare Dinge zu eskomptieren und entsprechende Risikomodelle parat zu haben. Die Bankerin erkennt in diesem Kontext auch einige der Schwächen und Probleme der zunehmenden Technologisierung und Digitalisierung. Gerade mit Blick auf die dadurch anstehenden starken Veränderungen verweist sie auf die Notwendigkeit einer besseren Kommunikation. Dietl-Benzin selbst pflegt als Vorbild einen offenen, kommunikativen Umgang. Die Mitarbeiter bestätigen, dass sie eine starke Teamplayerin ist. Die Mutter von Zwillingen hat ein Jahr mit dem Beruf ausgesetzt. Locker und charmant plaudert sie in diesem Kontext 68 02 // 2017

BERUF & KARRIERE nicht nur über die beruflichen Anforderungen, sondern auch über ihr Privatleben, deren Mittelpunkt ihre Familie ist. Wenn in der Wirtschaft von „starken Frauen“ die Rede ist, dann ist Birgit Dietl-Benzin wohl ein Musterbeispiel. Es gelinge ihr recht gut, die beiden Rollen als Mutter und als Bank-Managerin miteinander zu verbinden, nimmt sie eine Selbsteinschätzung vor. „Es ist sicher nicht einfach, funktioniert aber letztlich recht reibungslos“, berichtet sie und verweist in diesem Kontext auch auf die soziale Kompetenz ihres Arbeitgebers. Ihr Ehemann – auch ein Wirtschaftsingenieur – ist beruflich viel unterwegs. Banken werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Wirtschaft spielen, ist die Bankerin überzeugt. Die in die Kritik geratene Branche stehe zwar vor enormen Herausforderungen, die nachhaltige gesellschaftliche und technologische Anpassungen erfordere. Einen Niedergang der Banken sieht Birgit Dietl-Benzin aber nicht. Ganz im Gegenteil: „Unsere Branche muss es geben.“ Als ungeheuer spannend wertet sie den Aufschwung der FinTechs und die Entwicklung von Kryptowährungen wie Bitcoin. Sie gibt zu, dass die traditionellen Banken mit Blick auf die Technologisierung und Digitalisierung des Finanzsystems recht spät aufgewacht seien, erkennt jedoch inzwischen das sehr hohe Innovationstempo bei allen Finanzinstituten. Auch wegen des regulatorischen Drucks seien die Anforderungen an alle Beteiligten sehr hoch. Das gelte nicht zuletzt für das Risikomanagement – ihr eigentliches Aufgabengebiet. Eine stärkere Deregulierung erwartet sie nicht. Nicht nur die Unternehmen der Finanzwelt im Allgemeinen müssten sich verändern, sondern auch die hier tätigen Menschen. Immer stärker digitalisierte Arbeitsplätze im Banking erforderten von den Mitarbeitern ein hohes Anpassungstempo. Sie erinnert in diesem Zusammenhang an eine Weisheit von Mahatma Gandhi, der gefordert hatte: „Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für diese Welt wünschst.“ Befragt nach ihren Hobbies zeigt sie sich zunächst zurückhaltend. „Ich habe Basketball gespielt und fahre gerne Ski“, sagt sie und bedauert gleichzeitig, dass für sportliche Aktivitäten wenig Zeit bleibt. So konzentriert sie sich in der wenigen Freizeit sportlich auf das Joggen durch Wald und Wiese. Im Urlaub treibt es sie vor allem in südliche Gefilde. „Damit die Sonne den Energiespeicher aufladen kann“, so die Erklärung. Kulturell gilt ihr Interesse historischen Stätten und Gebäuden. Und dann leuchten ihre Augen als sie vom jüngsten Urlaubstrip nach Kreta berichtet, weil sie hier sowohl die Kraft der Sonne als auch unzählige historische Sehenswürdigkeiten genießen konnte. Birgit Dietl-Benzin beobachtet den aktuellen Wertewandel in der Gesellschaft mit großer Sorge. Dieser zeige sich nicht nur in Birgit Dietl-Benzin Birgit Dietl-Benzin stieg im Januar 2016 in den Vorstand der UBS-Deutschland AG auf als Verantwortliche für den Bereich Risk & Finance. Elf Monate später änderten die Schweizer ihre Unternehmensform und firmieren seither unter UBS Europe SE. Chief Risk Officer Dietl-Benzin gehört der Privatbank bereits seit 2005 an und bekleidete in der Vergangenheit verschiedene Führungspositionen in der Local Risk Unit u. a. als CFO, CAO und als Chief of Staff. Ihre Karriere hat sie mit einer klassischen Banklehre gestartet und danach ein Studium zur Wirtschaftsingenieurin in Karlsruhe absolviert, Fachrichtung Versicherung und Bankwesen. Teilen der Gesellschaft, sondern auch in politischen Kreisen durch einen immer stärker um sich greifenden Populismus und durch die dort teilweise gepflegte „harte Sprache“. Beim Blick nach vorn stehen Familie und Bank im Vordergrund. Sie hofft, noch viele gute Jahre in der Bankbranche erleben zu dürfen. „Ich bin glücklich hier und fühle mich in meinem Team sehr wohl. Die Arbeit macht Spaß.“ Autor: Jonas Dowen 02 // 2017 69

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