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die bank 02 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG prozesse

DIGITALISIERUNG prozesse werden immer wichtiger als Basis für die Neugestaltung der Kunde-Bank-Interaktion. Die Digitalisierung von End-to- End-Prozessen hilft den Banken, Kosten zu senken, wozu sie durch die sinkenden Zinsund Provisionseinnahmen bei gleichzeitig zunehmenden regulatorischen Anforderungen gezwungen sind. Als Motor der digitalen Transformation soll zukünftig das Projekthaus digitaler Campus dienen. Hier steht die agile Zusammenarbeit verschiedener Facheinheiten und der IT im Vordergrund. Diese interdisziplinären Teams werden die Bank-Prozesse in Form sogenannter Master Journeys nach dem Fail- Fast-Prinzip in kurzen Entwicklungszyklen „End-to-End“ digitalisieren. API Banking Bisher war es für die Banken ausreichend, in der Fläche mit Filialen und zusätzlich im Internet mit dem Online Banking präsent zu sein. Aufgrund der Vormachtstellung der Banken konnten sie sich sicher sein, dass die Kunden den Weg zu ihnen finden werden. Mittlerweile hat sich die Welt deutlich gewandelt. Die Banken konkurrieren mit innovativen und hocheffizienten FinTechs sowie innovativen Internet- und Telekommunikationsunternehmen, die über offene Schnittstellen (Open APIs) ihre Finanz-Produkte und -Dienstleistungen privaten Kunden anbieten. Die Konsumenten haben sich in den letzten Jahren daran gewöhnt, Produkte im Internet auszuwählen. Auch für Finanzprodukte gibt es Vergleichs- und Shopping-Portale, deren Wichtigkeit als Vertriebskanal weiter zunehmen wird. Zur erfolgreichen Positionierung wird künftig gehören, dass einerseits Services aus den eigenen monolithischen Systemen herausgelöst und dritte Anbieter beziehungsweise Nutzer angebunden werden können. Andererseits sollten die eigenen Bank- Systeme externe Services nutzen und in ihre eigenen Systeme integrieren können. Wenige » Die Integration der digitalen Lösungen in die IT-Prozesse stellt die IT sowie die beteiligten Fachabteilungen vor große Herausforderungen. « Banken in Europa haben bislang ihre Schnittstellen für Dritte geöffnet, um darüber den veränderten Kundenbedürfnissen angepasste moderne Banking-Produkte und -Dienstleistungen anzubieten. Die strategische Bedeutung des Themas „API Banking“ wurde auch bei der Commerzbank erkannt und entsprechend bei ihrer strategischen Neuausrichtung berücksichtigt. Mithilfe einer standardisierten Plattform wird eine entsprechende Zielarchitektur aufgebaut, um die interne und externe Wiederverwendung von Inhouse-Services auch für Dritte zu ermöglichen. Mittlerweile wird in den unterschiedlichen Digitalisierungsinitiativen eine Vielzahl von Services aus unterschiedlichen fachlichen Domänen entwickelt. Um eine bessere Service-Transparenz und mögliche Kosten von Doppelentwicklungen zu vermeiden, kommen API-Management-Systeme mit einer Service-Katalogisierungsfunktion zum Einsatz. Über die externe Verfügbarkeit einer API-Entwicklungsumgebung und Teilen der Produktionsumgebung wird die Schnittstelle zukünftig auch externen Dritten angeboten werden können. Das API Banking zahlt z. B. auch auf die Öffnung des Zahlungsverkehrsmarkts ein, insbesondere für zukünftige innovative Produktideen beteiligter FinTechs. API-Banking hilft zudem, den regulatorischen Anforderungen im Rahmen der überarbeiteten Zahlungsverkehrsrichtlinie (PSD 2 inkl. XS2A) zur Schaffung eines EU-weiten Zugangs zum Zahlungsverkehrsmarkt für dritte Zahlungsdienstleister effektiv zu begegnen. Der PSD2- Compliance kommt die Bank damit einen entscheidenden Schritt näher. FAZIT Die fortschreitende Digitalisierung und die Automatisierung von End-to-End-Prozessen verlangen eine enge Zusammenarbeit über die Segmentgrenzen hinweg. Auf dem Weg hin zu einer modernen „Bank 4.0“ haben sich aus der bisherigen Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern aus der IT und den jeweiligen Fachbereichen bereits eine Reihe von Erfahrungen ergeben. Wichtig sind die Durchgängigkeit der gewählten Digitalisierungsstrategie und ein enger Schulterschluss der Mitarbeiter aus Fachbereich und Serviceeinheiten bei gleichzeitig hohem Top-Management-Committment sowie ein agiles Vorgehen unter Bearbeitung der Herausforderungen internationaler Zusammenarbeit. Eine geschichtete und service-orientierte Zielarchitektur sollte zur Orchestrierung der agilen Implementierung kanalunabhängiger, standardisierter und modularer Geschäftsobjekte und Services etabliert werden. Darüber hinaus empfehlen sich die Etablierung eines Refactoring- Ansatzes für Software-Tests unter der Prämisse Automatisierung sowie die Nutzung von Konzernsynergien durch pragmatische Kooperationen mit FinTechs bzw. Töchtern zur schnellen und effizienten Umsetzung des Funktionsumfangs der strategischen Agenda. Autoren: Ralf Kalbhenn ist Principal Project Manager für die Digitalisierungsprojekte im Privat- und Firmenkundenbereich der GS-IT in der Commerzbank. Oliver Grönke ist Senior Manager bei der Management- und Technologieberatung BearingPoint im Segment Digital & Strategy und Digitalisierungsexperte. 58 02 // 2017

DIGITALISIERUNG AGILE REGULATORIK RegTechs beleben den Markt Junge Unternehmen kombinieren den Aspekt der Regulierung mit jener der dynamischen technologischen Umsetzung. Bei dieser agilen Generation der FinTechs, auch als RegTechs bezeichnet, dreht sich dennoch alles um das verlässliche IT-Management von gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben. Ob die neuen Spieler dem Markt nachhaltige Impulse verleihen können, ist allerdings noch offen. Nicht wenige Unternehmen sind derzeit heiß gehandelte Kandidaten, wenn es darum geht, frisches Innovationspotenzial in der Bankenbranche zu heben und in die Wertschöpfungskette zu integrieren. Wenngleich sich der Hype um die Start-up- Szene mittlerweile etwas abgeschwächt hat, ist deren Einfluss auf die Neugestaltung der Finanzwirtschaft doch unbestritten. Neben FinTech, InsurTech, InvestTech und PropTech zeichnet sich in ersten Umrissen ein weiteres Spielfeld ab, ausgehend von den USA. Dort bereichern neue RegTechs das Marktgeschehen um Gestaltungsvarianten, die dazu beitragen sollen, innerhalb einer meist komplexen Bankenarchitektur ein effizientes regulatorisches Management aus der IT-Perspektive bereitzustellen. Was können RegTechs grundsätzlich leisten? Derartige Services sollen vor allem dazu beitragen, neue oder veränderte Anforderungen mit Blick auf die erforderliche Agilität und Geschwindigkeit quasi in Echtzeit umzusetzen. Dies mit dem Ziel, die Flut an neuen Regulierungen punktgenau in den Berichtssystemen abzubilden und jederzeit an den Änderungsbedarf anzupassen. Gefragt sind dabei jedoch aus Bankensicht keine individuell waghalsigen Konzepte, sondern standardisierte Ansätze, um die Besonderheiten aus den unterschiedlichen Datenbeständen verlässlich und revisionssicher abzubilden. Dabei fokussieren RegTechs innovative Technologien wie Big Data und Datenvisualisierungstechniken, Cloud-basierte Services oder Block-Chain-Technologien. Vieles darunter befindet sich allerdings noch in einem frühen Entwicklungsstadium, bis zur Produktreife kann es je nach verwendeter Matrix noch einige Jahre dauern. Innovation, aber keine riskanten Experimente Perspektivisch hinzu treten weitere Zukunftstechnologien aus der künstlichen Intelligenz. Jedoch besteht die Gratwanderung aus Sicht der Banken darin, sich gerade in einem geschäftskritischen Terrain wie der Regulatorik auf keine riskanten Experimente einzulassen. Letztlich gefragt ist deshalb das passende „Mindset“ von zwei Seiten: die selektive Unterstützung von Start-ups oder IT-Dienstleistern, die dazu beitragen, dezidierte und klar vorgegebene Handlungsfelder mithilfe ihrer intelligenten Softwarelösungen möglichst optimal abzubilden. Von Experten wird der Reifegrad des Markts rund um die agile Regulatorik noch als unübersichtlich taxiert. Aktuelle Beispiele hierzu sind Initiativen wie AnaCredit, Basel IV, BCBS 239, SREP oder IFRS 9. Inwiefern sich diese, individuell komplexen nationalen wie internationalen Anforderungen über eine Kooperation mit Start-ups in die IT-Systeme der Banken nachhaltig integrieren lassen, lässt sich kaum pauschal beantworten. Per Mausklick lassen sich neue IT-Lösungen selten an neuralgischen Schnittstellen positionieren, geschweige denn mit einigen wenigen Anpassungen implementieren. Worin liegen nun die Unterschiede zwischen agiler Regulatorik und einer konventionellen Methodik? Das klassische IT-Projektmanagement beschreibt ein allgemein gültiges Phasenmodell, mit klar definierten Rollen, Zeitachsen und Ablaufmustern, das bei regulatorischen Prozessen bis dato zum Einsatz gelangt. In der Regel orientiert sich dieses klassische Operationsmodell an folgendem Muster: Initialisierung, Analyse, Entwurf, Realisierung, Einführung und Nutzung. Bei diesem Vorgehen steht ein definiertes Kernteam bereit, mit einem ebenso verbindlich festgelegten finanziellen Budget, das allerdings nicht selten im weiteren Verlauf erheblich überschritten wird. Hierin liegt bereits einer der wesentlichen Unterschiede zur Arbeitsweise der FinTech-Start-ups, die in Strategie und modus operandi oft binnen kürzester Zeit Ross und Reiter wechseln, sprich Zielstellung und Projektdesign auf eine neue Matrix ausrichten. Dass die agile Regulatorik sich kaum als bloßes Experimentierfeld eignet, ist auch den neuen Anbietern bewusst. Damit ist die wesentliche Herausforderung schon beschrieben: Geht es doch beim Management gerade von komplexen IT-Projekten vor allem darum, einerseits mit der Geschwindigkeit von neuen Entwicklungen Schritt zu halten, um die dazu notwendigen technologischen Innovationen rasch umzusetzen, aber gleichzeitig auch eine verlässliche Roadmap bereitzustellen, um den Erfolg des gesamten Vorhabens nicht durch jede noch so kleine Änderung am Ende zu torpedieren. Dass diese Herausforderung angesichts des rasanten Innovationstempos in der IT- Branche sich kaum mehr mit der klassischen Matrix zum IT-Projektmanagement lösen lässt, liegt für den Betrachter auf der Hand. Jedoch sind auch vermeintlich effizientere Alternativen zur agilen Regulatorik vor dem 02 // 2017 59

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