Aufrufe
vor 5 Jahren

die bank 02 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT KREDITHANDEL

MANAGEMENT KREDITHANDEL Mit Briefen die Bilanz entlasten Weil Kredite zu den bedeutendsten Risiken einer Bank gehören, hat der Gesetzgeber Grenzen für deren Ausleihung geschaffen: Das ausgegebene Kreditvolumen darf das gehaltene Eigenkapital bis zum Jahr 2019 um nicht mehr als das 9,5-Fache übersteigen, aktuell ist der Faktor noch deutlich höher. Die Methoden zur Einbeziehung und Bewertung der Risikopositionen wurden in den letzten Jahren ständig weiterentwickelt. Dieses Korsett mit der Folge einer geringeren Kreditvergabe begrenzt das Wachstum insgesamt. Doch welche Möglichkeiten haben Banken, sich mehr Freiraum zu verschaffen? Besonders vielversprechend, um die Bilanzen zu entlasten, scheint die Abtretung von Kreditforderungen, vor allem wenn diese verbrieft und handelbar gemacht werden. Diese marktwirtschaftliche Lösung verspricht – gerade in der Niedrigzinsphase – attraktive Renditen für Investoren. Wenn die Kreditvergabekapazität der Banken derart stark eingeschränkt ist wie momentan, ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren immer mehr Kunden abgewiesen werden, die einen Kredit aufnehmen wollen. Was im Kleinen beginnt, wird sich im Großen fortsetzen: Die europäische Wirtschaft wird im Ganzen unter der Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe leiden. Denn besonders Unternehmen benötigen Kredite, um Investitionen zu tätigen und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Obgleich es gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten gibt, bleibt ein Kredit der Hausbank vor allem für mittelständische Unternehmen ein essenzieller Baustein der Finanzierung. Die EU-Kommission hat das Problem der Kreditklemme bereits erkannt und in der Folge die Schaffung einer Kapitalmarktunion bis 2019 gefordert. Eine Möglichkeit, den Aufbau einer solchen Kapitalmarktunion zu unterstützen, ist die Investition in verbriefte Kredite. Doch wie funktioniert das Ganze? Aus Krediten werden Wertpapiere CrossLend kauft einzelne Kreditforderungen – teilweise oder vollständig – und verbrieft diese in handelbare Wertpapiere, gegenwärtig in einer Stückelung von 25 Euro. In diese Wertpapiere können Anleger investieren. Die Investoren erhalten dann neben der geleisteten Einlage den für den Kredit vereinbarten Zins – abzüglich eines Ausgabeabschlags in Höhe von einem Prozent des Anlagebetrags. Von diesem Modell sollen zukünftig auch Banken profitieren können. Betreuung und Verwaltung des Kreditnehmers sollen weiterhin in den Händen der kreditgebenden Bank liegen, die auch die Bonität des Kreditnehmers bereits geprüft hat. Mit diesem Konzept erhalten Anleger Zugang zu einer Assetklasse mit ansprechenden Risiko-Rendite-Profilen und können je nach Risikobereitschaft und Renditeabsicht ihr individuelles Portfolio zusammenstellen. Kein Pooling: CrossLend verbrieft Einzelkredite Treten Banken Teile der von ihnen vergebenen Kreditforderungen ab, werden diese in ein Wertpapier – eine Schuldverschreibung – verbrieft. Dieses wird bei Clearstream verwahrt und mit einer eigenen Wertpapierkennnummer ausgestattet – ohne dass die zugrunde liegenden Kredite bei der Verbriefung gepoolt werden. Das ist ein entscheidender Punkt: Die Kredite werden nicht gebündelt, um sie anschließend wieder zu tranchieren. Nicht zuletzt die Subprime-Krise im Jahr 2007 hat gezeigt, dass dies die Transparenz der involvierten Produkte massiv beeinträchtigt. Stattdessen werden ausschließlich Einzelkredite verbrieft, deren Risiko-Rendite-Profil die Investoren deutlich besser nachvollziehen können. Aus einem Kredit wird eine Serie sogenannter Notes. Emittent der angebotenen Notes ist die eigens gegründete Verbriefungsgesellschaft CrossLend Securities SA mit Sitz in Luxemburg; die Platzierungen dieser Notes werden von der CrossLend GmbH als vertraglich gebundener Vermittler ausschließlich im Namen, für Rechnung und unter der Haftung der Partnerbank biw AG vorgenommen. Jeder Serie von Notes wird eine entsprechende ISIN zugewiesen. Anschließend haben Investoren die Möglichkeit, die Notes über die Online-Plattform zu zeichnen oder perspektivisch via standardisierter API-Schnittstelle. Bankbilanzen entlasten Die Vorteile für die Banken liegen auf der Hand: Die Bilanz kann spürbar entlastet werden, die Eigenkapital- und Risikosituati- 30 02 // 2017

MANAGEMENT on wird verbessert und die Profitabilität des Kreditgeschäfts gesteigert. Auf diese Weise gewinnen Banken neuen Spielraum für profitable Kreditgeschäfte, was ihnen ebenso hilft wie den von ihnen abhängigen Unternehmen. In ihrem Ende Oktober veröffentlichten Kreditbericht ging die EZB davon aus, dass Banken im Euro-Raum ihre Kreditstandards für Darlehen an Unternehmen im vierten Quartal 2016 weiter verschärfen. Die Nachfrage nach Firmenkrediten nehme damit aller Voraussicht nach zu, der Zugang zu neuen Krediten werde den Unternehmen jedoch weiter erschwert. Denn die schärferen Eigenkapitalrichtlinien für Banken zwingen diese, sich ausschließlich auf die profitabelsten Kunden zu fokussieren. Andere Kunden werden unter Umständen in der Folge nicht mehr bedient. In Deutschland fällt die Zurückhaltung der Banken in puncto Kreditvergabe derzeit noch kaum ins Gewicht, da auch die Nachfrage momentan nicht besonders hoch ist. Zahlreiche Experten gehen jedoch davon aus, dass sich dies zeitnah ändern wird und auch hierzulande die Folgen der Kreditklemme unübersehbar werden. Eine erhöhte Kreditvergabekapazität der Banken durch die Abtretung von Kreditforderungen könnte einer solchen Entwicklung Vorschub leisten. Das Ziel sollte es sein, einen Kapitalmarkt zu schaffen, der die Verfügbarkeit von Krediten in Europa langfristig sichert. Investieren leicht gemacht Banken können jedoch nicht nur Kredite veräußern, sondern diese ebenfalls von anderen Instituten in verbriefter Form als Note erwerben. Doch wie funktioniert die Investition in einen verbrieften Kredit? Der Aufbau eines Portfolios passend zu den individuellen Investmentkriterien ist in nur wenigen Schritten möglich. Entscheidend ist hierbei die achtstufige Kategorisierung der Kredite von „A“ bis „HR“, die sowohl die Kreditwürdigkeit und die damit verbundene Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers abbildet als auch die mögliche Rendite für den Investor. Das Prinzip ist einfach: „A“ entspricht einer guten Bonität und damit einem niedrigen Ausfallrisiko. Für die Anleger bedeutet eine Investition in einen Kredit dieser Kategorie jedoch auch die geringste Rendite. Eine Einstufung in „HR“ weist hingegen auf ein hohes Ausfallrisiko und gleichzeitig die höchste Rendite für die Investoren hin. Basis der Einstufung ist ein europaweit einheitliches firmeneigenes Scoring-System, welches mittels selbstlernender Technologie die Bonität der Kreditnehmer überprüft. In ihrem Portfolio können Investoren eine unbegrenzte Anzahl separater Strategien auswählen, denn die Performance einer einzelnen Strategie hat keinen Einfluss auf die anderen Strategien. Ist die Investitionsverteilung festgelegt, kann das endgültige Zeichnungsangebot abgegeben werden. FAZIT Das Niedrigzinsniveau und die umfassende Regulierung setzen Banken massiv unter Druck. Hinzu kommen Altlasten einiger Institute, sodass bereits ein neuer Kollaps des Finanzsystems befürchtet wird. Es bedarf innovativer Konzepte, um auch in Zukunft eine zentrale Rolle im Finanzwesen zu spielen. Zumal im Zuge der Digitalisierung eine Vielzahl von FinTechs den etablierten Kreditinstituten Geschäftsfelder und Kunden abnimmt. Viele Branchenexperten gehen davon aus, dass nur eine (Rück-)Besinnung auf die Kernkompetenzen im Kreditgeschäft die Banken langfristig retten kann. Die Verbriefung von Krediten kann Banken dabei helfen, sich zu refinanzieren und wieder mehr Freiraum bei der Kreditvergabe sowie in der Folge auch neue Kunden zu gewinnen. Autorin: Dagmar Bottenbruch ist Co-CEO von CrossLend in Berlin. 02 // 2017 31

die bank