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die bank 02 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Ergebnisse zur Reaktionsbereitschaft der Mitglieder Die Analyse der Reaktionsbereitschaft hat zudem gezeigt, dass die Schnelligkeit, mit der die Mitglieder auf Beiträge anderer antworten, eine statistisch signifikante Rolle bei allen drei Communities auf die Anzahl der Ansichten spielt. Dieses Ergebnis bestätigt frühere Studien zu diesem Thema. Es zeigt sich, dass Mitglieder eher interessiert an Themen sind, bei denen oft etwas passiert. Aktive sowie passive Mitglieder können die Communities somit öfter besuchen und den neuesten Stand der Diskussion prüfen. Es kann enttäuschend sein, wenn keine Reaktionen auf Beiträge folgen. Daher ist ein konstanter Strom von neuen Informationen und Beiträgen wichtig, um das Interesse der Mitglieder aufrechtzuerhalten. Fazit Online Communities sind eine gute Möglichkeit, um Kunden einen Mehrwert zu bieten und damit über Interaktionen im Rahmen der Produkte hinaus nachhaltige Beziehungen zu Kunden aufzubauen. Allerdings sollten gewisse Rahmenbedingungen nach unseren Erkenntnissen beachtet werden: Community Designer und Anbieter sollten die relevanten Themen identifizieren und besonders fördern, um den Wert der Community für die Mitglieder zu steigern und neue Mitglieder zu generieren. Banken, wie die Comdirect, die nur Online-Services bieten, sollten besonders industriespezifische Themen, wie Steuer und Rechtswissen, innerhalb der Community fördern. Mögliche Anreize, wie z. B. Sonderaktionen oder Nachlass bei Gebühren, könnten geboten werden, damit sich Mitglieder bei diesem Thema besonders aktiv beteiligen. Ein wertvoller Wissensaustausch muss nicht aus der klassischen Frage-Antwort-Kommunikation bestehen. Die Ergebnisse zeigen vielmehr, dass etliche Antworten oder Aussagen wertvoller für die Mitglieder erachtet werden als Fragen. Eine praktische Implikation wäre daher, dass Community-Anbieter Open- End-Diskussionen zu breiteren Themenfeldern fördern, um mehr Aussagen und Antworten zu generieren. Um dies umzusetzen, sollten die einzelnen Diskussionen nicht nach einer ersten Beantwortung geschlossen werden. Mitglieder können somit weitere Beiträge zu dem Thema über die Zeit generieren. Der Erfolg einer Diskussion zu einem Thema hängt nicht von der Quantität der Beiträge, sondern vielmehr von der Schnelligkeit der Antworten auf andere Beiträge ab. Die Analyse hat gezeigt, dass bedeutende Themen meist eine geringe Anzahl von Beiträgen aufweisen. Eine praktische Implikation wäre, dass die Community einen Moderator einstellt, der auf die Beiträge nach einer gewissen Zeit antwortet, wenn kein anderes Mitglied darauf reagiert. Die meisten Finanzinstitute folgen immer noch einer traditionellen Produkt- und Serviceentwicklung, bei der erst die Entwicklung und das Prototyping stattfinden und dann ein Markt gesucht wird. Um innovative Produkt- und Service-Ideen zu entwickeln, können Finanzinstitute die Beiträge ihrer Kunden in den Online Communities analysieren und Produkte besser auf deren Bedürfnisse abstimmen. ó Autoren: Prof. Dr. Michael Leyer ist Inhaber der Professur BWL der Dienstleistungen (Juniorprofessur) und Direktor am Institut für Bankrecht und Bankwirtschaft an der Universität Rostock e. V. Ann-Kathrin Hirzel ist Doktorandin an der Frankfurt School of Finance & Management im ProcessLab. Literatur: 1 Wiertz, C./de Ruyter, K. (2007): Beyond the call of duty: why customers contribute to firm-hosted online communities, in: Organizational Studies, 28 Jg., Nr. 3, S. 347-376. 2 Royo-Vela, M./Casamassima, P. (2011): The influence of belonging to virtual brand communities on consumers‘ affective commitment, satisfaction and word-of-mouth advertising, In: Online Information Review, 35 Jg., Nr. 4, S. 517-542. 3 Hagel, J./Armstrong, A.G. (1997): Net Gain: Expanding Markets through Virtual Communities, Boston MA: Harvard Business School Press. 3 Deskriptive Daten Inhaltsstatistik Consorsbank Comdirect wallstreet:online Diskussion (Thread) 138 54 376 Beitrag (Post) 460 616 7.779 Beitrag pro Diskussion (Thread) 3.33 11.41 20.69 Fragen 170 86 336 Antworten 245 236 704 Aussagen 85 294 6.836 Antworten pro Frage 1.44 2.74 2.10 Mitglieder Statistik Mitglieder gesamt 21.189 727.154* 460.000 aktive Mitglieder innerhalb 50 Tage (% von Mitgliedern gesamt) durchschnittliche Reaktionszeit in Stunden zum vorherigen Beitrag innerhalb einer Diskussion 161 (0.76 %) 49 (0.01 %) 1.237 (0.27%) 59.21 43.15 22.71 Diskussion pro aktives Mitglied 0.86 1.10 0.30 Beitrag pro aktives Mitglied 2.86 12.57 6.29 * eigene Schätzung basierend auf Anzahl der Posts. 42 diebank 02.2016

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó Die Schnäppchenjagd ist vorbei ZWANGSVERSTEIGERUNGEN Der Erwerb einer Immobilie im Rahmen einer Zwangsversteigerung wurde lange als Geheimtipp gehandelt. Boulevardmedien, aber auch seriöse Tageszeitungen und sogar ganze TV-Serien nahmen das Thema auf und suggerierten, dass der Erwerb per Zwangsversteigerung die Chance auf ein Schnäppchen berge. Ist das wirklich so? Nachfolgend werden die wirtschaftlichen Hintergründe sowie die Entwicklungen der letzten Jahre betrachtet. Dirk Schröder Keywords: Zwangsversteigerungen, Immobilien, Marktentwicklung Der gesamte deutsche Immobilienmarkt erfährt durch die Niedrigzinsphase einen außerordentlichen Boom. Gleichzeitig haben die Bestandshalter bei einem Verkauf kaum attraktive Anlage-Alternativen. Das erschwert die Vermögensdisposition. Der Erwerb von notleidenden Immobilien verspricht da lukrative Investments. Zwischen 2010 und 2013 sind allein in diesem Marktsegment rund 21,5 Mrd. € umgesetzt worden. Die anhaltend gute Lage am Immobilienmarkt spiegelt sich aber auch in einer rückläufigen Zahl von Zwangsversteigerungen wider. 2014 wurden in Deutschland erneut weniger Gebäude und Wohnungen zwangsversteigert als im Vorjahr: Die Zahl der Zwangsversteigerungen (ZV) von Immobilien sank im Vergleich zu 2013 um 10,1 Prozent auf gut 31.000. Dies zeigt die auf ZV-Objekte bereinigte Unika- Statistik. Seit 2007 wurde demnach jedes Jahr ein Rückgang verzeichnet. Dieser lässt sich mit der gesunkenen Arbeitslosenquote, dem relativ konstanten Wirtschaftswachstum und der gestiegenen Nachfrage nach Wohnimmobilien plausibel begründen. Gute Marktlage, weniger Zwangsversteigerungen Bei der Betrachtung der einzelnen Bundesländer ist in den Großstädten wie Berlin (rund 62 Prozent) oder Hamburg (etwa 70 Prozent) der Rückgang zwischen 2008 und 2014 am deutlichsten ausgefallen. Nicht eingeschlossen in diese Entwicklung sind dagegen konjunkturschwache Regionen und Länder wie beispielsweise das Saarland oder Thüringen. Hier stieg 2014 die Zahl der Zwangsversteigerungen entgegen dem Trend sogar um jeweils etwa zwei Prozent an. Beim Großteil der versteigerten Immobilien handelt es sich um Eigentumswohnungen sowie um Ein- und Zweifamilienhäuser. Lediglich rund 25 Prozent aller Zwangsversteigerungen beziehen sich auf gewerblich genutzte Objekte. Legt man die Einwohner je Bundesland zugrunde, so lassen sich zum Teil erhebliche Differenzen feststellen: Während in Hamburg 2014 weniger als zehn Versteigerungen je 100.000 Einwohner anberaumt wurden, gerieten zeitgleich in Sachsen-Anhalt 60 Immobilien auf ebenso viele Bewohner in die Zwangsversteigerung. Für die Anzahl an notleidenden Immobilien ist, wie erwähnt, die jeweilige Marktsituation von großer Bedeutung. Wenn sich die Märkte im Ungleichgewicht befinden, treten Zwangsversteigerungen häufig um etwa zwei Jahre zeitverzögert auf. Aktuell beobachten wir einen signifikanten Nachfrageüberhang in Kombination mit großzügiger Kreditvergabe bei geringer bis fehlender Tilgungsleistung sowie der Erwartung einer sicheren Anlage in „Betongold“ bei positiver Preisentwicklung. Die Subprime-Krise in den USA hatte ähnliche Vorzeichen: Bei niedrigen Anfangszinsen wurden außerordentlich hohe Beleihungsausläufe gewährt und auf die Tilgungsleistung ganz verzichtet. Die Aussicht auf diese hohen LTVs (Loanto-Value-Ratios) bewirkte falsche Kaufanreize und verstärkte damit noch den Nachfrageüberhang. Die Erhöhung der Zinsen zum Zeitpunkt der Refinanzierung und das gleichzeitige Absinken des Immobilienpreisniveaus führten dann zur Krise. Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland deutlich stabiler. Sie gehen einher mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit. Dies bildet zusammen mit etwa gleichbleibenden Scheidungsraten die Grundlage für die sinkende Zahl an Zwangsversteigerungsterminen. Es ist zwar anzunehmen, dass die Anzahl der notleidenden Immobilien 02.2016 diebank 43

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