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die bank 02 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING einem angemessenen Verhältnis zum Risikoprofil und zur Bedeutung der Bank für das Finanzsystem stehen. Björn Göppel beschreibt das Ausmaß der Regulierung vornehm zurückhaltend als „für unsere Größenordnung nicht immer zielführend“, wobei ihm im Gespräch durchaus der Unmut über die bürokratische Belastung des täglichen Geschäfts deutlich anzumerken ist. „Es ist schon sehr umfassend, was wir melden müssen.“ Viele dieser Meldepflichten übernimmt der Inhaber selbst, den weniger die Kosten als vielmehr die wertvolle Zeit umtreibt, in der er sich um Kunden kümmern könnte. Auch wenn diese ihrer Bank die Vermögensverwaltung anvertrauen, sucht der Chef regelmäßig den Kontakt, um über aktuelle Entwicklungen zu informieren und sich auszutauschen. Man begegnet sich auf Augenhöhe, kennt sich oftmals seit vielen Jahren und betreut nicht selten ganz selbstverständlich auch das Vermögen der nachwachsenden Generation. Ohne Unterstützung von außen kommt jedoch auch die Mini-Bank nicht aus. Um die komplette Datenverarbeitung und die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte kümmern sich externe Dienstleister. „Für uns war das ein Quantensprung, weil wir uns dadurch deutlich mehr Spielraum verschafft haben“, erinnert sich Göppel. Die Einführung der Abgeltungssteuer etwa hätte sein Haus sonst IT-seitig gar nicht stemmen können ebenso wenig wie die steigenden Anforderungen aus Gesetzen wie WPHG und KWG. Während in der Branche angesichts von Nullzinsen, immer strengerer Regulierung und neuer Wettbewerber der Sturm tobt, ist in den Geschäftsräumen von Goyer & Göppel von Umbruch rein gar nichts zu spüren. Im laufenden Jahr wolle man noch einen Mitarbeiter einstellen und „die Privatkunden weiterhin vernünftig bei der Vermögensanlage betreuen“, unterstreicht der Banker. Individuell und persönlich. ó Von FinTechs lernen Sparen, streichen, schrumpfen: Deutschlands Finanzbranche ist unter Druck. Weder bei den Erträgen noch bei den Kosten sei in den nächsten Jahren eine Verbesserung zu erwarten, sagt Professor Dr. Martin Faust. Der gelernte Bankkaufmann und studierte Wirtschaftswissenschaftler ist seit 2002 Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. Seine Forschungs- und Lehrschwerpunkte liegen im Private Banking und Wealth Management sowie der Bankenaufsicht und auf dem Gebiet der Nachhaltigen Geldanlagen. Mit dem Bankexperten sprach diebank über Strategien, um sich am Markt erfolgreich zu behaupten. diebank: Herr Professor Faust, Nullzinsen, strenge Regulierung, neue Wettbewerber: Europas Banken stehen von allen Seiten unter Beschuss. Wo sehen Sie national und international in den nächsten Jahren die wichtigsten Trends in der Branche? Faust: Die seit der Finanzkrise intensivierte Regulierung wird noch weiter verschärft werden. Dadurch steigen die Kosten der Banken. So sind hohe Aufwendungen im Bereich der IT notwendig. Die Compliance-Abteilungen werden weiter aufgestockt und die Anforderungen an die Beratung und Dokumentation nehmen zu. Hierdurch wird sich der schon seit einiger Zeit bestehende Trend zur Standardisierung und Automatisierung von Prozessen weiter verstärken. diebank: Auch bei den Erträgen sieht es düster aus ... Faust: Die Erträge stehen angesichts des Niedrigzinsumfelds, des starken Wettbewerbs und der höheren Preissensibilität der Kunden unter Druck. So sorgen Vergleichsportale für eine hohe Preistransparenz bei Standarddienstleistungen. Die Eintrittsbarrieren in das Bankgeschäft sinken insbesondere durch die Nutzung des Internets als Vertriebskanal. Somit wird ein Einstieg in den deutschen Markt für ausländische Banken und Nicht-Banken einfacher. Sowohl aufseiten der Erträge als auch der Kosten ist keine Verbesserung in den nächsten Jahren zu erwarten. Jede Bank ist vor diesem Hintergrund angehalten, das bestehende Geschäftsmodell zu überprüfen und an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. diebank: Seit der Finanzkrise ist die Zahl der Mitarbeiter bereits um 35.000 gefallen, die Zahl der Filialen schrumpfte um 4.260. Personalabbau allein, reicht das? Faust: Sicherlich ist es notwendig, die Kosten im Front- und Back-Office weiter zu senken. Viele Banken haben jedoch bereits in den letzten Jahren Prozesse optimiert und auf Fremdanbieter ausgelagert. Daher ist dort das Einsparpotenzial nicht mehr so hoch. Bei einigen Häusern besteht noch größeres Potenzial durch Verbesserungen der häufig sehr alten IT-Struktur. diebank: Macht es Sinn, weitere Filialen zu schließen? Faust: Es ist durchaus sinnvoll, das vielfach sehr engmaschige Filialnetz an die veränderten Kundenbedürfnisse anzupassen. Hier besteht insbesondere bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken noch Potenzial. Die Einrichtung von Beratungscentern bietet den Banken und auch den Kunden Vorteile, die eine qualifizierte Beratung 30 diebank 02.2016

wünschen. Überregional ausgerichtete Banken sollten jedoch aufpassen, dass sie sich nicht zu weit aus der Fläche zurückziehen. Der Vertrieb margenträchtiger, aber auch erklärungsbedürftiger Dienstleistungen erfolgt immer noch primär über den persönlichen Kontakt zwischen Kunden und Berater. Viele Banken haben in den letzten Jahren auf Neukundenakquisition gesetzt und die Bestandskunden vernachlässigt. Die neu gewonnenen Kunden sind jedoch häufig wenig ertragreich und loyal. Daher gilt es, die bestehenden Kundenpotenziale verstärkt zu nutzen. Vielfach fragen die Kunden nur einzelne Dienstleistungen nach. diebank: Die genossenschaftlichen Dienstleister, DZ Bank und WGZ, haben im November ihren Zusammenschluss bekanntgegeben. Rechnen Sie mit weiteren Zusammenschlüssen? Faust: Kosteneinsparungen auf Ebene der einzelnen Bank sind begrenzt. Daher gilt es Synergien durch Kooperationen und Fusionen zu heben. Hier sehe ich Potenzial insbesondere im Bereich der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Das Niedrigzinsumfeld wird in den nächsten Jahren weiter zu sinkenden Erträgen bei den Eigenanlagen der Banken führen und damit den Druck auf die Banken erhöhen. Manche Dienstleistungen wie das Private Banking und die Betreuung größerer Firmenkunden sind betriebswirtschaftlich erst ab einer bestimmten Kundenanzahl sinnvoll. Im Bereich der privaten Banken sind Fusionen und Übernahmen ebenfalls möglich, jedoch sind die Geschäftsmodelle und Unternehmenskulturen der einzelnen Häuser häufig sehr unterschiedlich, was die Auswahl potenzieller Kandidaten erschwert. Insbesondere ausländische Banken versuchen wieder verstärkt durch Übernahmen im deutschen Markt Fuß zu fassen. diebank: Wie bewerten Sie die Konkurrenz durch die zahlreichen neuen FinTechs? Nehmen die etablierten Banken die jungen Wettbewerber ernst genug? fi INTERVIEW Faust: Man muss nicht sofort jedem Trend folgen, der sich im Bereich der FinTechs ergibt. Vieles wird sich nicht am Markt durchsetzen und häufig werden auch nur Nischen durch FinTechs besetzt. Dennoch sollten die etablierten Banken die Entwicklung aufmerksam beobachten und schnell reagieren, sobald ihr Geschäftsmodell betroffen ist. Gefahren sehe ich bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken, deren dezentrale Struktur notwendige Entscheidungen verzögern kann. diebank: Wie können sich die etablierten Player gegen die neue Konkurrenz positionieren und sich differenzieren? Faust: FinTechs entwickeln neue Dienstleistungen, setzen neue Technologien ein und verfügen über schlanke Prozesse. Dies ist auch für die etablierten Banken interessant. Eine Möglichkeit, frühzeitig relevante Entwicklungen für die Bank zu erkennen, sind eigene Venture-Capital-Gesellschaften, die sich an FinTechs beteiligen. Hierdurch können für die Bank und ihre Kunden relevante Dienstleistungen in das bestehende Leistungsspektrum integriert (z. B. Robo Advisor) oder als eigenständiges Unternehmen am Markt geführt werden. diebank: Welche Stärken sollten ausgebaut werden? Faust: FinTechs bieten aktuell nur einzelne, in der Regel einfache Finanzdienstleistungen an. Zielkunden sind häufig preissensible oder technikaffine Kunden. Die Stärke der etablierten Banken besteht in ihrem umfassenden Leistungsangebot als Universalbank. So können sämtliche Bedarfsfelder Interview mit Prof. Dr. Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. der Kunden abgedeckt werden. Gerade vermögende Kunden sowie Geschäfts- und Firmenkunden wünschen weiterhin eine persönliche Betreuung. Daher gilt es den Service und die Beratung in den ertragreichen Bereichen auszubauen. Eine hohe Qualität der Produkte und der Mitarbeiter ist hierfür eine wesentliche Voraussetzung. Nur so kann man sich von den Wettbewerbern abgrenzen und die Kunden langfristig halten. diebank: Welche Rolle werden mittelständische Privatbanken in der immer stärker regulierten Branche künftig noch spielen können? Faust: Eine wesentliche Stärke ist ihre regionale Verankerung. Sie kennen ihren Markt und ihre Kunden. Darüber hinaus sind die Entscheidungswege sehr kurz. Diese Stärke gilt es zu erhalten. Hierfür ist es jedoch nicht notwendig, alle Leistungen selber zu erstellen. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern sollte ausgeweitet werden. Potenziale bestehen hierbei u. a. im Kreditgeschäft und dem Asset Management. Offene Plattformen ermöglichen es den Banken, sich auf die Produktauswahl und Beratung zu konzentrieren. Die größere Auswahl und die steigende Qualität kommen letztlich auch dem Kunden zugute. Die Bank profitiert bei einer stärkeren Konzentration auf den Vertrieb von gesunkenen Risiken und geringeren Eigenkapitalanforderungen. diebank: Herr Professor Faust, vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Eli Hamacher. 02.2016 diebank 31

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