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die bank 02 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT

ó FINANZMARKT Zielgröße betrachtet, sodass ein bestimmtes Sicherheitsniveau einen Handlungsvorbehalt darstellt. Rahmenbedingung für Anlageentscheidung Diese unternehmerische Entscheidungstheorie kann in den Anlageberatungsprozess übertragen werden und bietet einen Ansatz für die transparente und konsequente Risikoaufklärung gemäß WpHG. Hierbei genießen die herausgestellten Definitionen von Risiko und Rendite enorme Bedeutung. Hierüber ist der Anleger im ersten Schritt aufzuklären. Die definierten Elemente Risikogrenze und Gewinnkriterium münden in dem Ergebnis, dass das Sicherheitsbedürfnis die durchführbarkeitsadäquate Nebenbedingung des Gewinnstrebens ist. Damit sich gemäß der Grundkonzeption der Mindestgewinnvorbehalt in der Anlageberatung bestimmen lässt, ist der Anleger über denkbare Umweltszenarien aufzuklären. Letztlich sollte er in die Lage versetzt werden, die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Szenarien realistisch einschätzen zu können, sodass seine persönliche Meinung in der Gewichtung Berücksichtigung findet. Ebenfalls sollte der Berater dem Anleger verdeutlichen, dass auch vermeintlich sichere Anlagen (Rest-)Risiken beinhalten. Die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens solcher Risiken gilt es im Dialog zu definieren. So soll der Anleger gemäß den regulatorischen Anforderungen in die Lage versetzt werden, selbstständig geeignete und angemessene Anlageentscheidungen zu treffen. Dieser Austausch ist elementar und komplex zugleich. Es gibt keine objektiv realistischen Einschätzungen für das Eintreffen der zukünftigen Konstellationen. Dies muss auch dem Kunden bewusst gemacht werden, sodass sein Risikobewusstsein geschärft wird. Es soll dennoch ein möglichst realistisches Bild aus subjektiver Sicht erreicht werden, um Entscheidungen treffen zu können. Hierbei werden Perspektiven anhand aktueller Kapitalmarktinformationen aufgestellt, und auch die historischen Erfahrungen und Daten spielen mit ein. Die beschriebene Vorgehensweise lässt sich im Drei-Phasen-Modell nach Rehkugler et al. in der ersten Phase unterbringen. Lediglich die Datenaufnahme zu den persönlichen Kundendaten, die Erfassung der Gesamtsituation des Kunden sowie seiner Wünsche und Ziele sind diesem Schritt im Beratungsprozess vorgeschaltet. Strategische und taktische Depotaufstellung Hierauf folgt durch den Anleger die erste Definition des Mindestgewinnvorbehalts. Dieser lässt sich in zwei Komponenten aufteilen. So ist in der Anlageberatung zunächst eine langfristige strategische Depotaufstellung mithilfe des Gewinnvorbehalts und in einem weiteren Schritt eine taktische Anlageentscheidung für den Einzelfall möglich. In Bezug auf die regulatorischen Anforderungen der Anlageberatung wird hier auch die Anlegermentalität bestimmt. Der Berater muss den Anleger darüber aufklären, dass es durchaus Markt- bzw. Umweltsituationen geben kann, die subjektiv nicht in Betracht gezogen werden können. Anhand der Risikobereitschaft und des grundsätzlichen Anlagehorizonts ist dann dieser Mindestgewinn für jedes subjektiv vorstellbare Umweltszenario zu bestimmen. Mithilfe einer Sicherheitsmatrix 1 nach Koch lassen sich die einzelnen Assetklassen auf die durchführbarkeitsadäquate Nebenbedingung des Gewinnstrebens hin überprüfen. Dabei lassen Aufteilungen auf verschiedene Assetklassen verschiedene Portfolienausrichtungen und dementsprechend unterschiedliche erwartete Gewinne in den einzelnen Umweltsituationen zu. Hierzu ist ggf. auch eine Optimierungsmatrix nach Koch aufzustellen. Dieser Schritt ist in einem Erstgespräch mit dem Kunden elementar. Alle weiteren Anlageentscheidungen und Folgegespräche können auf dieser strategischen Ausrichtung aufbauen. Sie gilt es nur bei geänderter Ausgangssituation zu überprüfen. Dies ist der Fall, wenn sich die Anlegermentalität oder die Wünsche und Ziele des Kunden ändern. Es ist denkbar, dass sich Markt- und Umweltbedingungen so gravierend ändern, dass sie vorher subjektiv nicht in Betracht gezogen wurden. Im Rahmen der anschließenden taktischen Definition der Mindestgewinnbedingung wird die Sicherheitsmatrix nach Koch auf Einzelbasis für die infrage kommenden Investitionsmöglichkeiten aufgestellt. Wenn anhand der strategischen Depotaufstellung ggf. mehrere Assetklassen berücksichtigt wurden, muss dieser Schritt der taktischen Allokation für jede Assetklasse einzeln erfolgen. Nun werden auch Sicherungsmaßnahmen bestimmt und möglicherweise ergriffen. Diese Maßnahmen haben nach der Theorie des Gewinnvorbehalts dafür Sorge zu tragen, dass auch bei Eintreten ungünstiger Marktentwicklungen der vorab festgelegte Mindestgewinn nicht unterschritten wird. Beispielhaft seien Sicherungsmaßnahmen mithilfe von Optionen genannt, bei denen sich Portfolien gegen unerwartet hohe Verluste absichern lassen (Hedging). Die Realisation solcher Maßnahmen bewirkt, dass der Gewinn bei Eintritt eines ungünstigen Umweltszenarios weniger stark absinkt. Hierbei entstehen Sicherungskosten, die den im Ausgangsplan erwarteten Gewinn mindern. Anlageentscheidung, Folgehandlung, Monitoring und Gesamtprozess Nun lässt sich mithilfe der Optimierungsmatrix nach Koch die taktische Anlageentscheidung für eine Assetklasse treffen. Die zum Zeitpunkt t1 möglicherweise zu ergreifenden Sicherungsmaß- 18 diebank 02.2016

FINANZMARKT ó nahmen wurden bereits in der Ausgangshandlung t0 bestimmt und hängen von der dann einwertigen Umweltvorstellung ab. Es erfolgt also möglicherweise eine Folgehandlung zur ersten Ausgangshandlung. Zusätzlich sollte ein laufendes Monitoring erfolgen, das die zuvor beschriebene Ausgangssituation regelmäßig in Hinblick auf eine möglicherweise erforderliche Änderung der strategischen Depotaufstellung überprüft. Die zuvor beschriebenen Vorgehensweisen lassen sich mit diesem letzten Schritt in einen optimierten Anlageberatungsprozess strukturieren und wie in ” 1 interpretieren. Die Aufteilung der zweiten Phase in die Phasen 2a und 2b unterstreicht die Wichtigkeit des erarbeiteten zweistufigen Verfahrens in die strategische und die taktische Komponente. Hiernach können Folgegespräche mit Kunden, die bereits den gesamten Prozess einmal durchlaufen haben und bei denen kein Erfordernis eingetreten ist, welches eine strategische Depotumstellung erfordert, direkt in der Phase 2b starten. Eine Anpassung des Anlageberatungsprozesses in dieses überarbeitete Drei-Phasen-Modell trägt zu einer Optimierung bei und ist dementsprechend empfehlenswert. Die Theorie des Gewinnvorbehalts ist für den Aufbau dieses Prozesses die richtige Grundlage. Dass Diversifikation des Vermögens zur Erzielung einer auskömmlichen Rendite und auch einer Reduzierung des Risikos dienen kann, ist unumstritten, was Markowitz anhand seiner empirischen Beobachtung dargelegt hat. Diese Erkenntnis findet durch die strategische Depotaufstellung im optimierten Anlageberatungsprozess ebenfalls Berücksichtigung. Diversifikation allein führt aber nicht automatisch zu dem gewünschten Resultat einer Vermögensanlage in Anbetracht des systematischen Risikos. Vor allem kann die Portfoliotheorie nicht als Leitlinie für ein strukturiertes Vorgehen in der Anlageberatung dienen. Anhand der beschriebenen Vorgehensweise unter Berücksichtigung der Theorie des Gewinnvorbehalts genießt die Bedeutung der Risikoaufklärung und der persönlichen Einschätzung einen entscheidenden Stellenwert. Hierdurch werden der vom Gesetz geforderte Aufklärungsgedanke sowie die Optimierung des langfristigen Vermögensaufbaus privater Haushalte fokussiert. Fazit und Ausblick Die Unzulänglichkeit der praktischen Umsetzung der Portfoliotheorie resultiert aus dem auf zu hohen Prämissen basierenden Modell. Die Theorie des Gewinnvorbehalts beruht auf weniger restriktiven Annahmen und wird nun auch für die Anlageberatung fruchtbar gemacht. Eine Übertragung auf Anlageentscheidungen ist sinnvoll und für die geforderte Optimierung und Professionalisierung der Anlageberatung zielführend. Die Kreditinstitute können dem mit der Überarbeitung des Anlageberatungsprozesses gerecht werden. Hierdurch können Kunden gewonnen und gebunden, Erträge aus Provisionsgeschäften generiert werden. Mithilfe eines optimierten Anlageberatungsprozesses kann den Beratern somit das richtige Instrument an die Hand gegeben werden. ó Autoren: Marius Mönig, M. Sc., ist Vermögensberater für Firmenkunden in der Sparkasse Dortmund. Prof. Dr. Karl-Heinz Prieß lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Financial Management und Rechnungswesen, an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Münster. 1 Sicherheits- und Optimierungsmatrix sind Modelle zur Veranschaulichung der Entscheidungsfindung. 1 Optimierter Anlageberatungsprozess Phase 1 Datenaufnahme persönliche Kundendaten, Gesamtsituation evaluieren, Wünsche & Ziele Risikoaufklärung Trennung von Risiko und Rendite, Risiko als Resultat der Unsicherheit Umweltszenarien im Austausch festlegen, fundierte finanzwirtschaftliche Information durch das Kl bereitstellen, Kunde entscheidet über Gewichtung Phase 2a strategische Mindestgewinnbedingung definieren und festlegen mithilfe der Risikobereitschaft und der definierten Umweltszenarien strategische Depotaufstellung Sicherheitsmatrix hinzuziehen, ggf. auch Optimierungsmatrix Phase 2b Phase 3 taktische Mindestgewinnbedingung Sicherheitsmatrix auf Einzelbasis für die infrage kommenden Investitionsmöglichkeiten aufstellen Sicherheitsmaßnahmen festlegen und ggf. ergreifen bzw. als Folgehandlung für den Zeitpunkt t1 festlegen Anlageentscheidung mithilfe der Optimierungsmatrix Folgehandlung zum Zeitpunkt t1 ggf. Folgehandlung wie Sicherungsmaßnahme durchführen Monitoring Ausgangssituation überprüfen 02.2016 diebank 19

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