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die bank 01 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT FORSCHUNGSPROJEKT SAFEFBDC EIN MEILENSTEIN IM KAMPF GEGEN GELDWÄSCHE Die Finanzdatenplattform safeFBDC (sicheres Financial Big Data Cluster) macht einen sicheren Austausch von Daten möglich, wobei die individuelle Datensouveränität stets gewahrt wird. Finanzdaten von Banken, Unternehmen und Behörden werden auf der Plattform mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) weiterverarbeitet, um etwa Geldwäsche effektiver bekämpfen zu können. Ein aktuelles und grundlegendes Problem der Finanzmarktakteure ist der singuläre Zugang zu Datenpools. Bislang existieren zumeist heterogene, unternehmensspezifische Datenstrukturen in verschiedenen nationalen europäischen Finanzmärkten. Diese begrenzte Datennutzung bremst die beteiligten Akteure in ihrer Fähigkeit aus, ihre Daten über Organisationsgrenzen hinweg zu teilen und zu analysieren. Zudem wird dadurch die Leistungsfähigkeit von KI-gestützten Methoden in deutschen und europäischen Finanzdienstleistungen erheblich eingeschränkt, da lokale KI-Systeme nur mit begrenzten und nicht vernetzten Daten trainiert werden können. Um Daten noch effizienter zu verwalten, sind in den letzten Jahren viele neue Technologien entstanden. Eine besondere Herausforderung für den Datenschutz ist die zunehmende Nutzung von Cloud-Diensten. Da die meisten Cloud-Anbieter ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union (EU) haben, kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die in der EU geltenden Datenschutzbestimmungen auch von diesen Anbietern eingehalten werden. Die Datenschutzgrundverordnung (DS- GVO) bildet die Grundlage der in der EU geltenden Datenschutzbestimmungen und schränkt damit die Nutzung von Daten-zu- Daten-Silos ein, die einer breiteren KI-Entwicklung bisher im Wege stehen. So sind deutsche und europäische Datenanbieter aus dem Finanzdienstleistungsumfeld derzeit auf internationalen Datenaustauschplattformen kaum vertreten und haben den kommerziellen Wettbewerb um Daten bisher den USA und China überlassen müssen. Das Ziel: Sensible Finanzdaten firmenübergreifend austauschen Schon im Jahr 2018 hatten Mitglieder des TechQuartiers, einer branchenübergreifenden Innovationsplattform, die Start-ups, Unternehmen und aufstrebende Talente zusammenbringt, und des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft im Austausch mit Hochschulen und der Industrie erste Ideen zur Erforschung von Datentranfers und Auswertung hochsensibler Daten mit Künstlicher Intelligenz (KI). Auf die erste Konzeptskizze eines Financial Big Data Clusters, in dem sensible Finanzdaten unternehmensübergreifend ausgetauscht und mit KI verabeitet werden können - und das bei gleichzeitiger Wahrung der Datensouveränität aller Beteiligten, folgte eine Machbarkeitsstudie, die in das Forschungsprojekt safeF- BDC mündete. Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, als Anwendungsfall in der Finanzdomäne von Gaia-X, und unterstützt vom Hessischen Wirtschaftsministerium versammelte der Innovationshub TechQuartier ein dynamisches, heterogen aufgestelltes Konsortium, das eine umfassende Erforschung der komplexen Fragestellung ermöglicht. In vier fachlichen Use Cases und einem Basistechnologie-Use-Case untersuchen Start-ups, Hochschulen und etablierte Unternehmen gemeinsam Optionen zum sicheren, datenschutzkonformen Austausch von Informationen. Mit safeFBDC werden branchenübergreifend Spezialisten für Künstliche Intelligenz und Machine Learning zu Themen wie Geldwäschebekämpfung, ESG-Daten-Verfügbarkeit und Stable Supply Chain Finance zusammengebracht. In dem Projekt arbeiten SAP Fioneer, das Start-up Hawk:AI und die TU Darmstadt zusammen an der Auslotung technisch machbarer und sinnvoll in der Praxis umsetzbarer technischer Lösungen und Infrastrukturen. Grundsätzlich stehen Organisationen dabei vor der Entscheidung, wie komplex eine Lösung sein soll bzw. wie komplex eine Organisation strukturiert werden muss. safeFBDC wird nicht ein einziger, universeller Datenraum sein, der allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Finanzbereich dient. Je nach Zweck müssen verschiedene Datenräume mit unterschiedlichen technologischen 28 01 | 2023

MANAGEMENT Lösungen und Organisationsstrukturen aufgebaut werden. Im Rahmen von safeFBDC ist ein Datenraum definiert als eine Vereinbarung und unterstützende (Integrations-)Architektur zwischen zwei oder mehr Teilnehmern, um die gemeinsame Nutzung und Monetarisierung ihrer Daten und Algorithmen zu ermöglichen. Ein dezentraler Marktplatz Im Gegensatz zu anderen Ansätzen benötigt die Datenraum-Architektur keinen zentralen Hub, der Daten an einer zentralen Stelle sammelt und verarbeitet. Es handelt sich vielmehr um einen dezentralen Marktplatz, bei dem Unternehmen ihre Daten selbstständig verwalten und für zweckbezogene Verarbeitungen freigeben können. Aufgrund von unterschiedlichen rechtlichen, organisatorischen und technischen Anforderungen wird es nicht nur einen Datenraum geben. Die Architektur wird jedoch eine Interoperabilität gewährleisten, sodass die Unternehmen mit geringem Aufwand in unterschiedlichen Datenräumen partizipieren können. Der Aufwand, einen Datenraum aufzubauen, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: organisatorische und technische Maßnahmen zur Wahrung der Datensouveränität sowie datenschutzkonforme Datenverarbeitung. Ein Ziel von safeFBDC besteht darin, die organisatorische und technische Komplexität der Datenräume so weit wie möglich zu reduzieren. Um dies zu erreichen, werden Anwendungsfälle in Kategorien gruppiert, die dann die am wenigsten komplexe organisatorische und technische Lösung für diese Gruppe anwenden. Wenn sich das Team von safeFBDC für die einfachste technische Lösung entscheidet, wird eine komplexe Organisation benötigt. Notwendig ist hierbei vollkommenes Vertrauen in die Organisation, dass sie die Datenverarbeitung auch ordnungsgemäß durchführt. Um dies zu ermöglichen, müssen viele Maßnahmen ergriffen werden, die die Kosten erhöhen. Aufwändige organisatorische Maßnahmen können mithilfe von technischen Lösungen reduziert werden, die die Vertrauenswürdigkeit gewährleisten. Im Rahmen der Forschung im safeFBDC werden zukunftsweisende Techniken untersucht, die über den reinen, individuellen Datentransfer hinausgehen und die Entwicklung kollektiver Datendienste und Anwendungen mit minimaler organisatorischer Komplexität ermöglichen. Dazu zählen insbesondere Verfahren, die gänzlich ohne zentrale Datenverarbeitung auskommen, wie etwa Federated Learning oder Multi-Party Computation. Aber auch Techniken, die die (verschlüsselten) Daten zu keiner Zeit offenlegen, wie Confidential Computing und Homomorphic Encryption, wurden erforscht. Gaia-X Einbindung Zur Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit von safeFBDC sowie der perspektivischen Anschlussfähigkeit an andere Datenraum-Pro- 01 | 2023 29

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