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die bank 01 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

#zvzukunft2022 DIGITALISIERUNG SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR Online-Fachtagung Zahlungsverkehr der Zukunft 16. Februar 2022 Kunden das Shoppen im Internet für sich entdeckt haben, die vorher noch nicht online eingekauft hatten. Viele dieser Käufer gehören den beiden Altersgruppen der 45- bis 54-Jährigen bzw. der 55- bis 64-Jährigen an. Hatten im März nur 68 und 60 Prozent dieser beiden Altersgruppen im Internet geshoppt, ist dieser Anteil bis November 2021 auf 79 bzw. 80 Prozent hochgeschnellt. Für Personen dieser Altersgruppen ist BNPL im Grunde nichts Neues. Sie haben lange Zeit Versandkataloge genutzt und es schätzen gelernt, erst die bestellten Artikel zu erhalten und die Ware anschließend auf Rechnung zu bezahlen. So verwundert es nicht, dass sie auch bei ihren ersten Online-Bestellungen gerne auf die Bezahlmethode zurückgreifen, die sie gewohnt sind und der sie vertrauen. Zum anderen lieben erfahrene Online-Käufer die Flexibilität von BNPL. Das gilt vor allem für jüngere Konsumenten, die Bestellungen aus dem Katalog und die anschließende Bezahlung auf Rechnung nie kennengelernt haben. Sie nutzen BNPL nicht aus Gewohnheit, sondern weil es einfach und bequem ist. Insbesondere im Modesegment schätzen Kunden die Möglichkeit, die Kleidung anzuprobieren und zu begutachten, bevor eine Zahlung fällig wird. Sollte ihnen das Kleidungsstück nicht passen, nicht gefallen oder der Artikel einen Mangel aufweisen, können sie die Ware zurücksenden, ohne bis dahin einen Cent bezahlt zu haben. Behalten sie den Artikel, haben sie in der Regel 14 Tage nach dem Zeitpunkt der Zustellung Zeit, ihn zu bezahlen – ohne zusätzliche Gebühren für die Konsumenten. Auch Banken sollten sich mit BNPL befassen Da BNPL vor diesem Hintergrund immer beliebter wird, ist es auch für Banken sinnvoll, sich mit dem Thema zu befassen. Das untermauern die folgenden Zahlen: 55 Prozent der Verbraucher in Deutschland bevorzugen den Kauf auf Rechnung oder per Lastschrift. Bieten Online-Händler, die bisher keinen Rechnungskauf ermöglicht haben, diese Zahlungsmethode an, könnten sie ihren Umsatz um bis zu 40 Prozent steigern. Gleichzeitig brechen 37,5 Prozent der Online-Käufer den Zahlungsvorgang ab, wenn ihre bevorzugte Zahlungsmethode nicht angeboten wird. Im E-Commerce führt daher kaum noch ein Weg an BNPL vorbei. Der entscheidende Vorteil: Die Customer Journey wird nicht unterbrochen. Der Kunde bleibt in seinem Shopping-Umfeld und genießt die Freiheit zu bezahlen, wie er möchte – ohne zum Beispiel für eine langatmige Bonitätsprüfung oder den Abschluss eines digitalen Ratenkaufs auf eine andere Internetseite wechseln zu müssen. Per Mausklick können Kunden, die BNPL nutzen, sich ihre Zahlmethode aussuchen und, falls gewünscht, eine Ratenzahlung auswählen und dafür die Ratenhöhe sowie die Laufzeit flexibel festlegen. Später haben sie zudem die Möglichkeit, eine Ratenzahlung aussetzen zu lassen und die Laufzeit entsprechend zu verlängern. FAZIT Mit BNPL hat die E-Commerce-Branche einen Wachstumsbeschleuniger gefunden. In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der Verbraucher sich nach unkomplizierten und nahtlosen Kundenerlebnissen sehnen und in der jeder Trend enorme Schnelligkeit erfordert, können Banken den BNPL-Boom als Initialzündung nutzen, um für sich ein erfolgreiches Ecosystem aufzubauen – und so selbst den Turbo einzuschalten. Vorteile auch für den stationären Handel Diese Vorteile werden nun auch zunehmend in den stationären Handel übertragen. Den Kunden soll ein großer Teil der Flexibilitäten und Annehmlichkeiten des digitalen Raums auch in der analogen Welt geboten werden. So können die Verbraucher beispielsweise beim Kauf eines Laptops, Sofas oder E-Bikes im Laden – nach einer kurzen einmaligen Registrierung in der App oder auf der Webseite des BNPL-Anbieters – einfach ihr Zahlungsmittel hinterlegen, den Zahlungsablauf wählen und an der Kasse per Barcode bezahlen, den das Personal an der Kasse scannt und so die Zahlungsbestätigung im Kassensystem hinterlegt. BNPL kann also insbesondere jüngeren Kunden auch beim Einkauf vor Ort mehr Flexibilität bei der Bezahlung bieten – ohne Bürokratie und ohne die Umständlichkeit des klassischen Ratenkaufs, dessen Prozesse von vielen Endverbrauchern als langwierig empfunden werden. Dem Kunden wird also in einem einfachen Prozess die Möglichkeit einer späteren Zahlung oder einer Ratenzahlung angeboten, wenn er sie braucht. Kunden müssen den Überblick behalten können Bei all diesen Vorteilen gibt es allerdings auch Kritik am BNPL-Boom. Wenn der Einkauf und die Bezahlung getrennt voneinander stattfinden, kann es für Konsumenten zur Herausforderung werden, nicht den Überblick zu verlieren. Daher ist es wichtig, dass BNPL-Anbieter dem Kunden bei aller Flexibilität immer die volle Transparenz über seine Ausgaben garantieren. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, wenn BNPL-Anbieter den Kunden alle offenen Transaktionen übersichtlich auflisten, um ihnen die Kontrolle über ihre Finanzen zu erleichtern – idealerweise als einfach nachvollziehbare Übersicht in einer App oder auf 48 01 | 2022

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR DIGITALISIERUNG einem Online-Portal. Im besten Fall erhalten die Verbraucher über die App auch Erinnerungen bei anstehenden Zahlungen. Erfolg hat, wer den Kundenwillen erfüllt Doch was können Banken vom BNPL-Boom lernen? Die Beliebtheit von BNPL hat gezeigt, dass bei Finanzfragen heutzutage jene Lösungen von Erfolg gekrönt sind, die sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden ausrichten. In diesem Sinn kann es für Banken sinnvoll sein, sich noch kundenorientierter aufzustellen, mehr Transparenz zu bieten und maßgeschneiderte Funktionen bereitzustellen, die einen echten Mehrwert für die Kunden bieten und die die digitale mit der analogen Welt verknüpfen. Denn die Verbraucher von heute – insbesondere die jüngeren Jahrgänge – verlangen zunehmend nach unkomplizierten Erlebnissen. Im Hinblick auf die Kommunikation mit den Kunden nutzen viele Banken bereits gut gemachte Apps, die sich um neue Features anreichern lassen. Letztlich kommt es darauf an, den Kunden an jedem Touchpoint mit dem passenden Angebot abzuholen und ihm eine reibungslose Customer Journey zu bieten. Dass viele Banken den Trend zu Buy now, pay later bislang noch nicht antizipiert haben, zeigt, dass es ihnen im Zeitalter der Digitalisierung oft noch an Schnelligkeit und Flexibilität mangelt. Um in dieser Hinsicht zuzulegen, sollten sie noch stärker über Kooperationen mit FinTechs und Plattformdienste nachdenken. Angesichts des hohen Tempos des digitalen Wandels, der sich schnell verändernden Kundenbedürfnisse und der Notwendigkeit zur Transformation bieten solche Kooperationen die Möglichkeit, dafür schnell die strategischen Antworten zu finden und passende Lösungen zu entwickeln, zu testen und am Markt zu etablieren. Das Segment BNPL ist dabei nur eine Facette einer umfassenden Transformation des Bankwesens in ein offenes, erlebnisorientiertes Umfeld für den Kunden. Autorin Ellen Kuder ist Vice President Ecosystem Growth bei Arvato Financial Solutions 1 Zu finden unter insights.afterpay.nl. 01 | 2022 49

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