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die bank 01 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

SCHWERPUNKT

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR DISTRIBUTED-LEDGER-ANWENDUNGEN Das Potenzial der Blockchain für deutsche Banken Das Thema Blockchain wird in der Finanzbranche intensiv diskutiert: Handelt es sich dabei um eine der bahnbrechendsten Zukunftstechnologien überhaupt oder doch nur um einen Hype? Wird die Blockchain die erwartete disruptive Rolle spielen? Und welche konkreten Auswirkungen werden Blockchain-Anwendungen auf deutsche Banken haben? Oder gehört die Zukunft weiterentwickelten Vertrauenssubstituten, die nur als Blockchain bezeichnet werden und tatsächlich etwas anderes sind? Die mediale Aufmerksamkeit um Bitcoins hat virtuelle Währungen in der öffentlichen Wahrnehmung oft mit der Blockchain- bzw. Distributed-Ledger-Technologie gleichgesetzt. Tatsächlich existiert eine Vielzahl digitaler Währungen, die sich hinsichtlich wesentlicher Merkmale unterscheiden. Zum einen kann differenziert werden zwischen virtuellen Währungen mit einer festgelegten Obergrenze an maximal verfügbaren Einheiten und solchen, die klassisch ohne eine solche Obergrenze operieren. Daneben differenziert insbesondere der Prozess der Geldgenerierung die virtuellen Währungen. Entscheidend für den zukünftigen Erfolg dürfte vor allem sein, ob sich eine virtuelle Währung als „eigenständige“ Währung durchsetzt bzw. über eine Bindung an eine reale Währung oder akzeptierte Referenzgröße als technische Recheneinheit etabliert. „Eigenständig“ bedeutet hier, dass eine virtuelle Währung die klassischen Geldfunktionen auf sich vereinen würde, d. h. Akzeptanz als Tausch- und Zahlungsmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Die Zahl der Unternehmen, die virtuelle Währungen zur Bezahlung akzeptieren bzw. ihre eigene virtuelle Währung auf den Markt bringen, nimmt prozentual deutlich zu. Amazon etwa akzeptiert eigene „Coins“ in seinem Store. Jedoch ist die flächendeckende Akzeptanz noch nicht gegeben. Diese virtuellen Währungen unterliegen häufig enormen Wertschwankungen und sind nur eingeschränkt als Wertaufbewahrungsmittel geeignet. Interessant ist in diesem Zusammenhang das Verhalten der Notenbanken. Während sich die kritischen Stimmen zu Bitcoins mehren, sind gleichzeitig Initiativen zu beobachten, die eine Einführung eigener virtueller Währungen prüfen. Die schwedische Riksbank etwa prüft die Einführung der „e-Krona“ auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie – für sie nur der konsequente nächste Schritt bei der abnehmenden Bargeldnutzung. Ein solches Angebot kann die Abhängigkeit von großen ausländischen Zahlungsverkehrsdienstleistern reduzieren. Sofern die Riksbank den Schweden den direkten digitalen Zugang zur e-Krona ermöglichen sollte, würde damit die Bedeutung der Banken für die Geldschöpfung potenziell abnehmen – je nach Ausgestaltung der Reservehaltung. Kritiker dieses Konzepts führen an, dass eine Verdichtung auf eine Instanz eventuell einen Bank Run beschleunigen könne. Doch in einem bargeldlosen Währungsraum kann ein klassischer Bank Run auf Bargeld per Definition nicht mehr gegeben sein. Ein Run 68 01 // 2019

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR über die Geldmärkte wäre zwar in der aktuell herrschenden Geldordnung noch möglich, im beschriebenen Fall bleibt die Zentralbank aber der Lender of Last Resort – die letzte Instanz, die jede Verbindlichkeit begleichen kann, solange das Vertrauen in die Währung nicht zerstört ist. Virtuelle Währungen als Accelerator Ein potenzielles Anwendungsfeld von virtuellen Währungen ist die Nutzung als Vehikel zur Beschleunigung und zur Senkung von Transaktionskosten im internationalen Zahlungsverkehr. Während Transaktionen innerhalb der Eurozone über SEPA relativ effizient und schnell abgewickelt werden, gilt dies nicht für Zahlungen außerhalb des Euroraums. Diese sind vergleichsweise teuer und aufwändig. Hier kommt in der Regel das SWIFT-System zum Einsatz, dessen Nachrichtentypen, das sichere Netzwerk und die Übertragung zwischen Banken und anderen Teilnehmern als anerkannter internationaler Standard etabliert sind. Doch es dauert mitunter Stunden oder gar Tage, bis ein belastbarer Konsens zwischen den Transaktionspartnern herrscht. Hier stehen viele Institute – insbesondere vor dem Hintergrund wachsender regulatorischer Anforderungen im Bereich der Intraday-Liquiditätssteuerung – vor enormen Herausforderungen. Zudem erlauben weder SEPAnoch SWIFT-Transaktionen implizite Währungswechsel, und für den Endkunden sind die Transaktionskosten vergleichsweise hoch. Der Einsatz von Distributed-Ledger-Anwendungen kann hier kurzfristig zu erheblichen Veränderungen führen, die sich aus Kundensicht eher im Hintergrund abspielen. Unternehmen wie Ripple haben bereits erkannt, dass das klassische Korrespondenzbank-System modernen Ansprüchen an Transaktionsdauer oder währungsübergreifenden Transaktionen nicht nachkommen kann. Ihr maßgeschneidertes Protokoll verspricht sichere, skalierbare, (nahezu) sofort liquiditätswirksame und sogar währungsübergreifende Transaktionen zwischen beliebigen Teilnehmern. Die geringe Transaktionsdauer reduziert hierbei außerdem das Devisenrisiko auf ein Minimum. Viele große Institute, z.B. UBS, Santander und UniCredit, sind als Kooperationspartner direkt an diesen Entwicklungen beteiligt. Theoretisch haben diese Protokolle daher das Potenzial, direkten Wertaustausch zwischen beliebigen Parteien an beliebigen Orten auf der Welt zu ermöglichen. Faktisch wird der Vertrauensbedarf allerdings im Regelfall ein Hemmnis für direkte Transaktionen darstellen. Daher kommt eine zweite wesentliche Eigenschaft der neuen Technologien zum Einsatz, das Konzept der Gateways. Gateways sind Knoten entlang des Zahlungspfads und können von jedem Systemteilnehmer repräsentiert werden. Eine direkte Transaktion ist somit der Spezialfall des direkten Wertaustauschs zwischen zwei sich einander vertrauenden Gateways. Besteht zwischen den Partnern kein direktes Vertrauensverhältnis (oder keine bis zum benötigten Gegenwert 01 // 2019 69

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