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die bank 01 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT UNIVERSALBANKEN

MARKT UNIVERSALBANKEN UND IHR KAPITALMARKTGESCHÄFT Eine Chance zur eindeutigen Differenzierung Das Kapitalmarktgeschäft in Europa verändert sich derzeit mit hoher Geschwindigkeit. In den letzten Jahren haben sich die Ertrags-Pools reduziert, für die nächsten Jahre wird eine Seitwärtsbewegung dieses Markts erwartet. Um künftig zu den Gewinnern in einem noch stärker umkämpften Markt zu gehören, müssen sämtliche Elemente des Geschäfts- und Operating-Modells einer Kapitalmarkteinheit auf den Prüfstand gestellt werden. 8 01 // 2018

MARKT Banken verlieren mehr und mehr Marktanteile an neue technologiegetriebene Anbieter wie FinTechs, Datenanbieter oder Principal Trading Firms. Der Wettbewerb in der Bankenbranche wird sich noch weiter verschärfen, und auch ein Brexit im derzeit anzunehmenden Szenario wird dazu beitragen. Aus London nach Frankfurt oder Paris verlagerte Vertriebseinheiten werden mit Proximität zu regionalen Kapitalmarktkunden verstärkt agieren können. Aktuell gehen wir dabei in einem Basisszenario von einer Wettbewerbsverschärfung von bis zu 50 Prozent im Geschäft mit den lukrativen Kundensegmenten Corporates / SME und institutionelle Kunden / Assetmanager aus. Regulatorische Weiterentwicklungen, vor allem die Trennbankengesetze, aber auch Richtlinien wie Basel IV und FRTB, MiFID II und MIFIR erfordern zudem eine neue Betrachtung dieses seit jeher attraktiven Geschäftsfelds. Kundenschutz rückt in den Mittelpunkt, die Kosten und Investitionen für regulatorische Compliance erhöhen sich weiter, die erforderliche Kapitalunterlegung steigt signifikant an, die Eigenkapitalrenditen sinken und die Nutzung von Bilanzvolumen wird teurer. In Abhängigkeit des betrachteten Produktfelds ergibt sich daraus (ohne Mitigationsmaßnahmen) eine negative Auswirkung auf das Segmentergebnis in einer Größenordnung von 20 bis 50 Prozent. Die Kunden der Banken befinden sich überdies häufig selbst in einer Umbruchphase – beispielhaft genannt sei das Stichwort Industrie 4.0, aber auch das Nullzinsumfeld und die Digitalisierung bei Versicherungen und Pensionskassen. Die zugehörige Transformation bei diesen Kundengruppen wird zukünftig auch zu deutlich veränderten Anforderungen an Finanzdienstleister hinsichtlich des Kapitalmarktgeschäfts führen. Gleichzeitig verändern digitale Smart Technologies wie Künstliche Intelligenz und Robotics sowie die laufend weiter ansteigenden Anteile an Plattformgeschäft (e-Trading) die zugehörigen Geschäftsprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette und ermöglichen hohe Skaleneffekte. Im Gegenzug wird dadurch jedoch für neue technologiegetriebene Wettbewerber ein Markteintritt und Zugriff auf diese Ertrags- Pools möglich. Der technologische Wandel wird in diesem Zug die Angebote und Möglichkeiten zum Out- bzw. Insourcing von Kapital- marktprodukten deutlich erweitern. Bestehende Kapitalmarkteinheiten stehen dabei vor der Herausforderung, die neuen Technologien im Rahmen einer historisch gewachsenen IT-Plattform aufzubauen, in der Kosteneffizienz und stringente Architektur aufgrund hoher Ertragslage bis vor kurzem oft nicht die maßgebliche Zielfunktion war. Diese Veränderungen deuten darauf hin, dass eine gewisse Mindestgröße für erfolgreiche Kapitalmarkteinheiten erforderlich sein wird, um die notwendigen Investitionen hinsichtlich regulatorischer Compliance und technologischer Weiterentwicklung nachhaltig zu verdienen. Daraus ergibt sich die entscheidende Frage für europäische Universalbanken mit Kapitalmarktgeschäft (sogenannte Tier 2- / 3-Investmentbanken): Können nur noch die größten Anbieter mit sehr hohen Skaleneffekten in einem solchen Umfeld erfolgreich Kapitalmarktgeschäft betreiben? Oder gibt es – neben der Option eines Exits bzw. schrittweisen Rückzugs – Möglichkeiten und strategische Chancen für Universalbanken mit existierendem Kapitalmarktgeschäft? ÿ 1 Exit oder Transformation des Kapitalmarktgeschäfts? Um die Herausforderungen des sich verändernden Umfelds bewältigen zu können und um zu den zukünftigen Gewinnern in diesem weiterhin attraktiven, aber noch stärker umkämpften Markt zu gehören, müssen sämtliche Elemente des Geschäfts- und Operating-Modells einer Kapitalmarkteinheit auf den Prüfstand gestellt werden. Eine Bestandsaufnahme schafft Klarheit über Handlungsbedarf. Die vergangenen Ergebnisse dieses Segments stellen keine verlässliche Prognose für die Zukunft dar. Um das Ausmaß der notwendigen Veränderungen zu erkennen, hilft eine Ertrags-, Kosten- und Ressourcenanalyse, die die Auswirkungen der oben beschriebenen Veränderungen auf das Segment simuliert. Dafür sind die für das Kapitalmarktgeschäft zukünftig zur Verfügung stehenden Ressourcen mitentscheidend, z. B. einsetzbares Kapital / RWA, Bilanzvolumen sowie das verfügbare Investitions- und Kostenbudget. In einer SWOT-Analyse müssen zudem die einsetzbaren Stärken und die Schwächen der jeweiligen Bank herausgearbeitet werden, z. B. in Bezug auf die finanziellen Ressourcen, Rating 01 // 2018 9

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