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die bank 01 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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REGULIERUNG DIE EVOLUTION DER BLOCKCHAIN Beyond Bitcoin: Aufsichtsrechtliche Implikationen Das Prinzip der Blockchain, inzwischen auch allgemeiner als Distributed Ledger Technology bezeichnet, war zunächst die technische Grundlage virtueller Währungen wie Bitcoin und Co., hat aber inzwischen neue Ansätze und Produkte hervorgebracht und damit seine eigene Bedeutung entwickelt. Hiermit verbunden sind eine Vielzahl ungelöster Fragestellungen in Steuer-, Zivil- und Aufsichtsrecht, wobei aktuell das Aufsichtsrecht besonders im Fokus steht. Nach dem ersten Hype der Jahre 2013 / 2014 um virtuelle Währungen (Virtual Currencies, VC), speziell in Form der Kryptowährung Bitcoin, ist die große Revolution beim Endkunden bislang ausgeblieben. Zu den technischen und rechtlichen Unsicherheiten kam für die etablierten Finanzmarktteilnehmer hinzu, dass die Aufsichtsbehörden schon früh eine Abschottung der VC vom übrigen Finanzmarkt einforderten. 1 Bei der Fortentwicklung der Blockchain zum Konzept der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) befinden sich vor allem auch verbesserte Dienstleistungen bei Backend-Anwendungen und B2B-Lösungen im Fokus, die erhebliche Effizienzsteigerungen versprechen. Letztlich stehen damit auch die Aufsichtsbehörden vor einer erweiterten Herausforderung, denn es muss das Konzept der DLT selbst umfassend untersucht und beurteilt werden, das sich anschickt, wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsprozesse und damit auf den Finanzmarkt insgesamt zu nehmen. Zudem kommen aktuell von der EU- Ebene für die VC neue Regulierungsanforderungen auf den deutschen Gesetzgeber und die Marktteilnehmer zu, die erheblichen Einfluss auf die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen der neuen Technologie nehmen können. Distributed Ledger Technology als Konzept Die neuartigen Verfahren im Rahmen der DLT sind ständigen Veränderungen und Wei- 48 01 // 2018

REGULIERUNG terentwicklungen unterworfen und werden inzwischen mehr als Konzept denn als Produkt verstanden. Dies spiegelt sich beispielsweise in einer aktuellen Position der CPMI-Arbeitsgruppe in der folgenden Definition der DLT wider: 2 „DLT refers to the processes and related technologies that enables nodes in a network (or arrangement) to securely propose, validate, an record state changes (or updates) to a synchronized ledger that is distributed across the networks nodes.“ Diese weit gefasste Definition der DLT erlaubt grundsätzlich keine unmittelbaren rechtlichen Implikationen. Für die nachfolgende Darstellung der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für DLT-Konzepte in Deutschland soll daher auf gemeinsame Elemente typischer DLT-Konkretisierungen abgestellt werden. 3 Recordkeeping: Das Führen eines Registers ist die ureigene Aufgabe der DLT. Hierbei ist entscheidend, welche Information gespeichert wird (eine Transaktion, ein Kontostand, ein vollständiger Vertrag etc.) und wie diese Information gespeichert wird (beispielsweise angehängt an eine Coin bzw. einen Token). Consensus: Der Mechanismus, über den unter den Teilnehmern (bzw. den Nodes in obiger Definition) festgestellt wird, dass bestimmte Updates (Transaktionen etc.) als erfolgt gelten. Dieses Element ist zentral, um ein eindeutiges, von allen Teilnehmern akzeptiertes Transaktionsregister herzustellen. Kryptografie: Kryptografische Methoden kommen immer dort zum Einsatz, wo Teilnehmer eine Transaktion etc. ausführen wollen und wechselseitige Berechtigungen und Identitäten entsprechend zu prüfen sind. Die insoweit in Anwendung befindlichen Mechanismen sind jedoch i. d. R. bereits etabliert und damit in der Beurteilung ihrer Sicherheit bekannt. Distribution: Die Dezentralität des Registers erfordert einen Mechanismus, die laufend konsensual aktualisierte Informationskette an die einzelnen Teilnehmer zu verteilen. Hierbei sind nicht zwingend alle Nodes stets mit allen Informationen zu versorgen. Aus rechtlicher Sicht sind insbesondere Datenschutzanforderungen zu beachten. Aktuelle Rahmenbedingungen für DLT-Konzepte in Deutschland Zwar ist letztlich das Zusammenspiel aller Elemente konstitutiv für das Funktionieren einer DLT in einer bestimmten Anwendung. Jedoch erscheinen die Elemente des Recordkeeping und Consensus aus heutiger Sicht besonders relevant für die aufsichtsrechtlichen Anforderungen und werden daher konkreter beleuchtet. 1. Recordkeeping Die Fragen einer aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht betreffen nach aktuellem Stand vor allem das Recordkeeping, also die rechtliche Bewertung der in der Blockchain (bzw. allgemeiner im Distributed Ledger, DL) gespeicherten Informationen bzw. der Art und Intention ihrer Verwendung. a. Bisherige Regulierungsvorgaben im deutschen Recht Dabei steht vor allem im Raum, ob und inwieweit sich durch einen bestimmten Aufbau oder Zweck des DL eine unmittelbare Anwendbarkeit z. B. des Kreditwesengesetzes (KWG) ergeben kann. Für die klassischen virtuellen Währungen wie Bitcoin und Co. wird seitens der BaFin seit dem Jahr 2011 angenommen, dass diese in Abhängigkeit des Geschäftsmodells über § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG unter die Erlaubnispflichten des KWG zu fassen sind. 4 Diese Annahme ist deshalb mit dogmatischen Schwierigkeiten behaftet, weil in der Systematik des KWG im Sinne der Nr. 7 nach dem Wortlaut lediglich „Devisen und Rechnungseinheiten“ als regulierte Finanzinstrumente vom Gesetzgeber definiert worden waren. 5 Erstmals werden damit jetzt nämlich auch Finanzprodukte erfasst, bei denen es sich letztendlich nicht – wie bei Devisen – um Forderungen gegen einen Emittenten handelt, sondern um Vermögensgegenstände, deren Werte sich ausschließlich aus der Knappheit des Gutes und der Nachfrage ergeben (ähnlich z. B. Edelmetallen). Konsequenterweise müssten virtuelle Währungen bezogen auf die sonstige Klassifi- 01 // 2018 49

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