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die bank 01 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING In der Zinsfalle BANKENMARKT Während Europas Banken ihren Schrumpfkurs fortsetzen, erobern Finanzinstitute aus Japan neue Märkte und schreiben hohe Gewinne. Und das, obwohl in Nippon die Leitzinsen schon seit zwei Jahrzehnten nahe der Nulllinie verharren. Können hiesige Banken von den Wettbewerbern aus Fernost lernen? Birga Teske Keywords: Japan, Niedrigzinsen, Regulierung Als Japans Notenbank 1995 den Leitzins erstmals auf 0,5 Prozent senkte, ahnte wohl niemand, wie lange diese Niedrigzinsphase andauern würde. Mehrmals hofften die Geldpolitiker, den Hebel wieder umlegen zu können. Doch Rezessionen und eine hartnäckige Deflation erstickten jeden Versuch im Keim. 2013 weitete die Bank von Japan ihre Anleihekäufe noch einmal massiv aus. Inzwischen kauft sie einen Großteil aller Staatsanleihen (JGB) und hält die Zinskurve extrem flach. Anfang Oktober 2015 rentierten JGB mit zehnjähriger Laufzeit nur wenig über 0,3 Prozent. Fünfjährige Papiere warfen nur 0,05 Prozent ab. Dennoch meldete Nippons Megabank Mitsubishi UFJ Financial Group (MUFG) für das vergangene Geschäftsjahr einen Rekordgewinn. Ihre Wettbewerber Sumitomo Mitsui und Mizuho hatten ein Jahr zuvor den höchsten Ertrag ihrer Geschichte ausgewiesen, blieben aber zuletzt dahinter zurück. Die Eigenkapitalrendite (ROE) der drei Finanzgruppen liegt zwischen 9 Prozent und 11 Prozent. Auch der Return on Assets, der bei japanischen Banken aufgrund ihrer geringen Kredit- zu Einlagenquote traditionell eher niedrig ausfällt, übertrifft den der führenden deutschen Institute. ROE japanischer Banken steigt Das britische Magazin „The Banker“, das jährlich Daten der 1.000 finanzstärksten Banken der Welt auswertet, attestiert den japanischen Instituten im Ranking eine Verbesserung des ROE um jeweils ein Fünftel in den vergangenen beiden Geschäftsjahren. Das Verhältnis von Kernkapital (Tier 1) zu den gesamten Vermögenswerten liegt demnach in Japan mit 0,47 genauso hoch wie in der Eurozone. Und aufgrund des hohen Anteils von Staatsanleihen in ihrem Anlageportfolio weisen Nippons Geldhäuser im internationalen Vergleich einen sehr niedrigen Anteil risikogewichteter Assets aus. Die Regionalbanken des Landes melden ebenfalls beachtliche Zahlen: Die 64 Institute der Regional Banks Association of Japan steigerten ihren Nettogewinn im zurückliegenden Geschäftsjahr um 5 Prozent auf aggregiert 821 Mrd. ¥ (6 Mrd. €). Das war der höchste Ertrag seit zehn Jahren. Die 41 Mitglieder der Second Association of Regional Banks, einem Zusammenschluss überwiegend kleinerer Institute, sahen ihren Nettogewinn um 18 Prozent auf 20 Mrd. ¥ sinken. Jedoch hatten sie ihre Erträge in den Jahren zuvor rasant gesteigert und im Geschäftsjahr 2013/2014 sogar verdoppelt. Niedrige Kreditausfallraten Auch die Spitzeninstitute der Genossenschaftsbanken (Shinkin Central Bank) und Agrarkooperativen (Norinchukin) legten zuletzt kräftig zu. Allerdings ist die gute Lage des japanischen Bankensektors weniger auf die seit 2013 wieder anziehende Kreditnachfrage im Inland zurückzuführen, als vielmehr auf die extrem niedrigen Kreditausfallraten, die vielen Instituten in den vergangenen Jahren die Auflösung von Rückstellungen ermöglichten. Japans Finanzaufsicht (FSA) zufolge hatten Nippons Großbanken Ende März 1,1 Prozent faule Kredite in ihren Büchern stehen. Bei den Regionalbanken betrug die Quote 2,4 Prozent. Damit stehen die Finanzinstitute weit besser da als zu Beginn der Niedrigzinspolitik in den 1990er Jahren. Damals türmte sich ein Berg fauler Kredite in ihren Büchern. Zahlreiche Geschäfts-, Hypotheken- und Wertpapierbanken brachen unter der Last zusammen. Die Großbanken des Landes wurden durch Finanzspritzen des Staats de facto verstaatlicht. Japans Bankensektor Ende der 1990er Jahre begann eine Fusionswelle unter Japans Banken. Eine Reihe von Großbanken und zahlreiche kleinere Regionalbanken (Regionalbanken II) schlossen sich zusammen. Viele dieser Fusionen waren auf das Betreiben der japanischen Regierung zurückzuführen und sollten helfen, schwache Institute aufzufangen und in stärkere zu integrieren. Dennoch zählt Japans Bankensektor noch heute rund 2.000 Einlagenkreditinstitute – darunter neben fünf Großbanken (Citibanks), 105 größeren und kleineren Regionalbanken (Regional I und Regional II) auch 16 Trust-Banken (Vermögensverwalter) sowie zahlreiche Genossenschaftsbanken, öffentliche Banken sowie die riesige Postbank, die landesweit 24.000 Filialen betreibt. 32 diebank 01.2016

BANKING ó Es folgte eine Konsolidierungswelle, in deren Verlauf die Hälfte der Großbanken und ein Drittel aller kleineren Regionalbanken vom Markt verschwanden ” 1. Heute sind die öffentlichen Hilfen fast ausnahmslos zurückgezahlt, die Banken haben sich vergleichsweise schnell von den Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise 2008/2009 erholt, und die Effizienz der Institute hat sich verbessert: „Gemessen an der Arbeitsproduktivität gehören Japans Banken zu den effizientesten weltweit“, sagt Martin Schulz, der als Senior Economist beim Fujitsu Research Institute in Tokio arbeitet. Außerdem sind die Geldhäuser in neue Regionen und Geschäftsfelder vorgestoßen, um nicht nur ihre Kosten, sondern auch ihre Erträge zu optimieren. Expansion ins Ausland Allen voran Branchenprimus MUFG. Als die Investmentbank Morgan Stanley 2008 ins Straucheln geriet, stiegen die Japaner mit 9 Mrd. US-$ bei den Amerikanern ein. Fast zeitgleich übernahm MUFG die Union Bank of California komplett. Die beiden Zukäufe tragen inzwischen in großem Maße zu den Erträgen der Finanzgruppe bei. Konkurrent Sumitomo Mitsui hat sich bei Auslandsinvestments bisher vor allem auf die Region Asien konzentriert. Bankchef Takeshi Kunebe will die Region zum „Heimatmarkt“ der Bank aufbauen. Die drei Megabanken MUFG, Sumitomo Mitsui und Mizuho zusammen vergeben aktuell aggregiert rund 30 Prozent ihrer Kredite außerhalb Japans. Und auch manche Regionalbanken wie die Shizuoka Bank, Yamaguchi Finance Group oder Chiba Bank mischen in Übersee mit. Andere Institute haben vor allem ihre Reichweite im Inland erhöht, indem sie Filialen in benachbarten Regionen oder in Ballungszentren eröffnet haben. So expandierte die auf Schifffahrtsfinanzierung spezialisierte Iyo Bank erfolgreich aus ihrer Heimatregion Shikoku in Südjapan in die Hafenstädte Osaka und Tokio. Die Bank of Okinawa fokussierte ihr Geschäftsmodell auf die Beratung von mittelständischen Unternehmen. Und die Suruga Bank aus Shizuoka, südwestlich von Tokio, hat durch Verbraucherkredite an Menschen ohne eigenes Einkommen — darunter Hausfrauen — ihre Zinsmarge beachtlich ausgeweitet. Deregulierungswelle Unterstützt wurde die Erschließung von Ertragsalternativen durch Regierung und Finanzaufsicht: Seit der Jahrtausendwende haben deren Entscheider das strikte Trennbankensystem schrittweise aufgeweicht. Banken wurde das Verbriefungsgeschäft sowie der Verkauf von Versicherungen am Schalter erlaubt. Auch das Wertpapiermaklergeschäft und das lukrative Konsumentenkreditgeschäft wurden liberalisiert. Durch die Reformen entstanden neue Strukturen: Landesweit richteten Convenience-Store-Betreiber Geldautomatendienste in ihren Läden ein. Netzbanken wie die Sony Bank entstanden, und Großbanken kauften reihenweise kleinere Verbraucherkreditfirmen auf. Die Welle der Deregulierung kam nicht von ungefähr: „Weil die Regierung die Bankenrestrukturierung mit öffentlichen Geldern finanziert hatte, war die Einsicht groß, dass man die Effizienz der Institute erhöhen musste“, sagt Schulz vom Fujitsu Research Institute. Offenbar war das Vorhaben erfolgreich. Der Beginn des sogenannten „Big Bang“, also der großen Deregulierungsmaßnahmen, in Japan liegt nun fast zwei Jahrzehnte zurück. Doch auch die aktuelle Regierung unter Premier Shinzo Abe zielt mit neuen Vorgaben und Liberalisierungsmaßnahmen auf eine Steigerung der Effizienz des Sektors. So hat die Regierung 2014 die Devise ausgegeben, dass börsennotierte Unternehmen und Banken ein Minimum von acht Prozent Kapitalrendite erzielen sollten. Während die Megabanken darüber liegen, sind Nippons Regionalbanken und Genossenschaftsinstitute von der Vorgabe zum Teil weit entfernt. „Es gibt viele Banken, die keinen hohen Gewinn anstreben“, erklärt Naoko Nemoto, Research Fellow bei der Ratingagentur Standard & Poor‘s. In diesem Punkt und in ihrer gesamten Struktur ähnelten sich der deutsche und der japanische Bankenmarkt. Magerer Zinsspread Dazu kommt das schwierige Zinsumfeld. In Japan schrumpft der Abstand zwischen Einlagen- und Kreditzins schon seit fast 15 Jahren. Zuletzt betrug er laut Notenbank nur noch rund 1,2 Prozent für Großbanken und 1,5 Prozent für Regionalbanken. Tendenz sinkend. Ähnlich sieht es mit den Erträgen aus Wertpapieranlagen aus: Die sinkenden Renditen japanischer Staatsanleihen, die im Schnitt rund ein Fünftel der Aktiva ausmachen, machen die risikolosen Papiere zunehmend unattraktiv ” 2. Seit drei Jahren schichten die Banken deshalb um — weg von JGB, hin zu Bonds in ausländischer Währung. Das brachte ihnen neben höheren Renditen zuletzt auch Wechselkursgewinne ein. Vor allem die Regionalbanken spüren verstärkten Handlungsdruck durch den sinkenden Zinsüberschuss. Alle Versuche, ihre Geschäftsmodelle den neuen Gegebenheiten anzupassen, blieben unbefriedigend: „Die Ausweitung des Geschäftsgebiets hat den Wettbewerb um Kunden verschärft und das Absinken der Margen noch beschleunigt“ sagt Nemoto von Standard & Poor‘s. Nur wenige Banken hätten sich der Entwicklung entgegenstemmen können. Darunter Institute mit speziellem Know-how aus Regionen, die wenig auswärtige Konkurrenz angezogen hätten. Provisionsgeschäft bringt kaum Ausgleich Auch der Ausbau des Provisionsgeschäfts habe nur begrenzten Erfolg gebracht. Zwar konnten viele Banken ihre Einnahmen durch Beratungsleistungen für Mittelständler oder den Verkauf von Invest- 01.2016 diebank 33

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